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Ausflug mit Allen

  • drehknoepfle
  • 17. Jan. 2021
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 19. Jan. 2021




In meiner Euphorie und im Visitor Center von Wanaka hatte ich, das angesagte schöne Wetter ausnutzend, mich unmittelbar für eine Tagestour angemeldet. Worauf ich auch immer wieder reinfalle, dass die angebotene Aktivität nicht vor Ort stattfindet, sondern wer weiß wo, nämlich ca. 90 Minuten Fahrt im Wilson Creek. Der ist von hier aus noch hinter dem Haast-Pass, also die Wegstrecke, die ich auch schon mit Rennstahl befahren habe.


Meine Wandersachen wurden von Allen (er ist Franzose also starke Betonung auf das "e" in seinem Namen und hat alle möglichen Outdoor-Guide-Qualifikationen) noch um Regensachen und Wanderschuhe mit gelben Rucksack ergänzt. Sollte heute zwar nicht regnen aber in den Bergen weiß man ja nie. Die Wanderung begann an einer alten Brücke der ursprünglichen Passstraße, die sich über einen Bach spannte, vor einem mystisch anmutenden Felsentor. Ab jetzt ging es munter durch urige Wälder den Bergspitzen entgegen . Mit Moos überzogene Berghänge und Bäume, kurze sumpfige Strecken an die sich wieder steile Aufstiege lehnten. Allen so als Mountain-Guide zügig voran und ich nicht weniger sportlich hinterher. Ach ja, ich war heute der einzige Kunde des Tages und Allen nahm sich trotzdem auch Zeit dafür, mir von der Entstehungsgeschichte in Zusammenhang mit den Schluchten, (Kontinentalplattenverschiebung usw.) sowie Fauna und Flora zu erzählen. Beim Aufstieg durch den weglosen Urwald zwei Piwakawaka (Fantails), die wechselweise um uns herum durch das Grün tobten. Ich liebe sie! Einmal über einen Grat weg, folgten rutschige kürze Abstiege die letztlich an einem Bach ihr Ende fanden. Nun meinte Allen, dass hier eine gute Gelegenheit zum Lunch und zum Umziehen wäre. Also Verpflegung aus der wasserdichten (wenn's mal regnet) Dose ausgepackt. Mich drängte danach zur Mittagsruhe, mein Führer zum Aufbruch.



Wieso müssen wir eigentlich die dicken Regensachen anziehen, wo es doch überhaupt nicht regnete? Dabei hatten mich auch schon ein wenig die Gummiwanderschuhe, mit den Borussia-Dortmund-Fan Schnürsenkeln nachdenklich gestimmt. Die Kiwis halt, mit ihren Gum-Boots! Als wir dann dem Wasserlauf folgten, erwiesen sich die v. g als nicht wirklich praktisch, weil viel zu kurz. So erreichten wir eine erste Felsenklippe, über die sich der Wasserlauf mutig in die Tiefe stürzte. Schöne Atmosphäre in der Schlucht, aber jetzt bin ich dann doch gespannt, wo der Wanderweg weiter gehen sollte. Für die Fortsetzung der Wanderung zog Allen praktischerweise ein Bergseil aus seinem Rucksack.


Jetzt wurde mir auch klar, dass das bunte Geschirr um Bauch und Beine nicht als Sockenhalter gedacht war. An dem Sicherheitsgurt vor meinem Bauch pendelte eine Seilbremse und einmal mit dem felsseitigen Fixpunkt verkabelt, war nun Abseilen angesagt. Für die nächste Passage zwängte man sich mit dem klaren Wasser um die Wette, durch enge Spalten. Ein Halbmeterspalt setzte sich auch weit über uns hinweg fort, so dass der blaue Himmel nur als schmale Zickzacklinie über allem zu sehen war. Nach wenigen Minuten folgten weitere Abseilaktionen und dazwischen Sprünge aus mehreren Metern Höhe in das sprudelnde Wasser.


Jetzt dämmerte mir auch was das Kleingedruckte in der schriftlichen Vereinbarung, (man sollte nicht wasserscheu sein) zu bedeuten hatte. Und auch den Neoprenanzug mit Helm fand ich bei diesen Stunts im 10 Grad warmen Wasser ungemein praktisch. Um keine Langeweile aufkommen zu lassen gab es Schwimmeinlagen, wenn der schmale Wasserlauf sich unter einem ins scheinbar Bodenlose vertiefte. Beim Durchgleiten von miteinander verschachtelten Felsplatten, gereichte mir mein windschnittiges Profil zum Vorteil. Der Rucksack wurde dann, wie bei der alljährlichen Atemschutzübung der Feuerwehr das Atemschutzgerät durch die Röhre, vorneweg durch den Spalt geschoben oder gereicht.


Jetzt habe ich bisher noch nicht über die Umgebung geschrieben, märchenhaft schön. Aufragende Wände, von denen es einem regelmäßig auf den Helm und ins Gesicht tropfte. Durch das Wasser ausgespülte Tunnel und Grotten, die so richtig die Schönheit des Granitschiefergestein zum Ausdruck brachten. Weißsprudelnde rauschende Wasserläufe in denen man sich nur schreiend unterhalten konnte. Gewaltige Felsbrocken, an denen einmal in die Klamm gerutscht, das Wasser und auch wir sich vorbeidrängen mussten. Durch das ständige Rieselwasser von oben, mit samtenem grünem Flaume überzogene senkrechte Felswände. Wie Kaskaden angeordnet immer wieder neue große und kleine Wasserfälle, die einem mit ihrer erfrischenden Kühle ins Gesicht hauchten. Sicherlich könnte man eine derartige Veranstaltung als sportliches Abenteuer betrachten, dass muss einem aber nicht daran hindern, sich an diesem ganz besonderen Teil der Natur und Schöpfung Gottes zu erfreuen.


Die EKG-Ableitung des Granitgesteins in der Klamm. Diese Strukturen entstehen, so hatte mir es Allan erklärt, durch Erdbeben. Während Allan vermutlich Schuhe mit Saugnäpfchen anhatte, fiel es mir bei dem teilweise sehr schlüpfrigen Felsengrund nicht leicht, Haltung zu bewahren. Beziehungsweise bei den Abseilaktionen gegen den Felsen gestützt in der Waagrechten zu bleiben.


Die alte Straßenbrücke vor dem Felsenportal markierte dann das Ende der Canyoning-Tour. Das verrückte, als ich vor drei Tagen mit dem Rad hier durchkam, war ich just an dieser Stelle stehgeblieben und meine Gedanken spielten damit, was sich hier wohl vor mir verborgen halten könnte.



Angesichts des Erlebten und im warmen Auto gelang es mir später nicht, über die gesamte Fahrzeit meine Augen offen zu halten. Sehr herzlich bedankte ich mich nach einem Absacker (Orangensaft und Cola) bei Allan der mich in seiner ruhigen Art durch die Schlucht und bei meinem Schöpfer für diesen traumhaften Tag geführt hat.


Helfen sie uns über den Zaun, wir sind blond! (Kein frauenfeindlicher Spruch, den das linke Schaf war ein Junge.)

Nach einem Tag der Rekonvaleszenz, wobei meine rechte Schulter sicherlich dafür noch einige Wochen braucht, hatte ich mir eine gute erreichbare Tageswanderung, nicht wie Samstag in die Abgründe, sondern in die Höhen ausgesucht.


Der Roys Peak Track, mit dem Rad in 30 min. erreichbar, führte auf den gleichnamigen Berg und dessen Spitze war schon vom Parkplatz aus schon in Sichtweite. Dank der 1300 Höhenmeter wurde aus der 16 km Wegstrecke eine durchaus sportliche Veranstaltung.


Die stachelige Pflanze bzw. Blüte gehört zur gleichen Familie wie der vom Sumpf- bis Bergland vorkommenden Flachs. Auf dem Peak angekommen, bestätigte sich meine Vermutung, mit den herrlichen Aussichten über die Region. Am Ende des 42 km langen Lake Wanaka konnte man sogar den Zulauf des Makarora- River erkennen.


Fast zeitgleich erreichte ich mit Matteo aus Turin die Höhe. Nachdem ich erklärte, dass ich ihn als meinen italienischen Sohn (war nur mit Wasserflasche unterwegs) adoptieren wollte, durfte ich auch die mitgeführte Verpflegung mit ihm teilen. Er reist schon über drei Jahre durch die Welt und nun gerade work- und travelnder Weise durch Kiwiland. Der gemeinsame Abstieg war danach durch unsere Unterhaltung, von Kurzweil geprägt.


Auf den/das kleine/n/s Kerl/Mädchen, bin ich durch sein(ihr) laute Schmatzen aufmerksam geworden. Ist in anderen Kulturen unter uns Humans auch normal.


 
 
 

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