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Bäumchen (Klamotten) wechsel dich oder von Fox Glacier nach Lake Paringa

  • drehknoepfle
  • 7. Jan. 2021
  • 3 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 18. März 2021



Die Nacht über hatte es wieder stark geregnet und auch Donnergrollen war zu hören. Ist alles sehr gut wahrnehmbar, weil man zwar erdgeschossig, doch direkt unter den Dachschrägen wohnt. Für heute hatte ich mir kein Ziel vorgegeben und zur Not hätte ich als Rückfallebene, auf Zelt mit weiteren Übernachtungs- und Verpflegungsgerätschaften zurückgreifen können. Das für Übernachtungen notwendige Trinkwasser war auch überall anzutreffen.



Letztlich kamen dann etwas über 70 km mit charmanten 130 m Steigungen zusammen. Wind gab es heute auch und gelegentlich sogar Mal von hinten. Angesichts der Wetterlage hatte ich alles aufgeboten, was die Packtaschen an Regenschutz hergaben. Ein kurzes Stück fuhr ich so, bis der Niesel nachließ und mir die Schutzhose und Regenüberschuhe für die Füße zu warm wurden. Danach auch die Windjacke, die ich aber bald wegen dem frischen Gegenwind wieder anzog. Kurz darauf brannte sich die Sonne ein Loch durch die Wolken und mir wurde es in dem langärmeligen Teil zu warm. Wieder ein Stück weiter zog sich der Himmel zu und auf freiem Feld ritt der Wind in frischen Böen gegen mich. Und auch nach dem Ankommen am Lake Paringa blieben mir die Wetterkapriolen, wenn auch überdacht, erhalten. Es konnte jedoch nicht verhindern, dass zu beiden Seiten meines Reiseweges immer wieder andere großartige Kulissen aufgezogen wurden. Unzählige Flüsse und Bachläufe, schier aufragende Berghänge, tief eingeschnittene Täler, weites Farmland mit Weidevieh und dann auch wieder der Blick auf die Tasman See.



Und auch heute stellten (Gott sei Dank sehr vereinzelt), wieder einzelne Autojongleure, ganz unzweifelhaft das Gesetz (nicht über die durchgezogene Linien fahren) über das (mein) Menschenleben. Gegen Mittag kam ich in der Nähe des Tai Poutini Nationalpark an einem Schutzhäuschen vorbei und weil es gerade leicht anfing zu nieseln, nutzte ich die überdachte Gelegenheit zur Pause. Vor dem Aufbruch hatte ich Morgens für solche Gelegenheiten, alle unbedeckten Körperstellen intensiv mit Insektenschutz präpariert. Der Ansturm der Sand Flies auf mich in dem windgeschützten Unterstand lässt nur einen Schluss zu, dass jede Sorgen hatte, die Andere würden ihr was wegsaugen. Als einzig wirkungsvoll hat sich in der Situation erwiesen, die Tierchen einzufangen und mit Daumen und Zeigefinger festhaltend, kopfüber in der Flasche mit dem Insektenschutzmittel zu ertränken. Nur so gelang es mir, zeitnah und qualifiziert einen schmerzfreien Tod der unveganen Spezies herbeiführen.


Einige Zeit habe ich auf der Leitung gestanden (gesessen) bis ich bemerkt habe, dass ich ein Rauchschwalbenpärchen von ihrem Nest in der Ecke vertrieben habe. Also ein weiterer Grund mehr, sich wieder auf den Weg zu machen. Danach war ich noch versucht, im Nationalpark einen kleinen Rundweg zulaufen. Da der Weg mit Bach waten begann, zog ich es stattdessen vor, trockenen Fußes weiter zu radeln. An der leuchtenden Bruce Bay genoss ich neben einem Kioskanhänger das bisher teuerste Real-Fruit-Eis in Kiwiland. Die kosteten wohl an dem sonst konkurrenz- bzw. geschäftslosen Küstenstreifen ihre Exklusivität aus.


Auch heute viel mir wieder an einem Grundstück das Schild, “No Shooting“, auf. Dieses Schild ist nicht dazu gedacht, Passanten in der Hinsicht beruhigen, dass sie nicht beschossen werden. Es ist vielmehr so, dass im freien wilden Kiwiland überall (und auf fast alles) gejagt werden darf und der Grundstückseigentümer mit dem Schild darauf verweist, dass er es hier nicht zulassen möchte. Gegen 16.00 erreichte ich den See und eine innere Stimme sprach mir zu, du hast dein Tagewerk erfüllt. In dem Fall ließ ich nicht den Hammer fallen, sondern schwenkte Rennstahl elegant in die Zufahrt der Mahitahi Lodge, einem schlichten nicht mehr ganz frischen Motel, Backpacker-Hotel und Campingplatz. Neben kostenlosem WiFi gab es auch kostenlose Nutzung von Kayaks und anderen Booten. Da nach dem letzten Paddelausflug in Punakaiki, meine Schultern nachts wieder vermehrt mit mir sprachen, musste ich mich leider von dieser Aktivität distanzieren. Den späten Nachmittag suchte ich noch den unmittelbar am Motel liegenden See auf, um die Natur etwas auf mich wirken zu lassen. Dort traf ich den Baggerfahrer Aaron von Palmerston North, mit dem ich mich erst herzlich austauschte und dann zu allem Überfluss auch noch zum Dinner eingeladen wurde. Solchen Abendessen kann man ohne Gewichtszunahme, nur mit täglich acht Stunden Radfahren unter erschwerten Bedingungen, begegnen. Zwei Jetbootfahrer auf dem stillen See, sorgten an dem kühlen Sommerabend neben der heimischen Vogelwelt, für weitere musikalische Untermalung. Der Lake Paringa schmiegt sich malerisch wie ein Hufeisen um einen Bergrücken und mit der gleichen Wasserfläche in NRW gelegen, würde er mindestens fünf Angel- , drei Segel-, vier Ruder- und drei Tauchvereine beherbergen, neben sechs Campingplätzen, welche die natürliche Wasserfläche gewerblich abschöpfen würden. Sicherlich fände sich auch noch ein ausgewiesenes Refugium für Wasservögel. Um den See Parkplätze und ein Schilderwald für Gebührenstellen, Meldestellen, Gebotshinweise, Verbotshinweise, usw.. Und natürlich auch jede Menge selbsternannte “Willi-Wichtig-Leute" um die Ordnung sicher zu stellen! (Ähnlichkeiten in meiner Beschreibung, mit der Bevertalsperre bei Hückeswagen, sind natürlich rein zufällig!)



Unter den Klangstudien der neuseeländischen Toningenieure (Tuis) und schreibender Weise ließ ich danach den Abend ausklingen.

 
 
 

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