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Entspannte Tour von Hastings über Havelock North nach Waipawa

  • drehknoepfle
  • 5. Juni 2020
  • 5 Min. Lesezeit


Meine letzte Nacht in Hastings verbrachte ich in einem wirklich klassischen, schon in die Jahre gekommenen Motel. Als ich das Apartment mit bis zu sechs Schlafplätzen betrat, wunderte mich, welcher Frischluftfanatiker bzw. Reinigungspersonal zuletzt den Raum verlassen hatte. Wirklich alle Fenster waren maximal geöffnet und das waren weiß Gott nicht wenige. Angesichts der abendlichkühlen Temperaturen lief ich erstmal rund um alle Klappen (sind meistens Ausstellfenster die sich gar nicht vollflächig öffnen lassen), zu schließen. Erst danach machte sich ein intensiver Fußschweißgeruch in dem Apartment breit, den ich zunächst mir selbst zuschrieb. Meine Socken waren schuldlos und auch die Füße hatte schon eine intensive Reinigung erfahren. Den Gestank konnte ich dann im Bereich der Couchlehnen verorten. Vermutlich wird diese Unterkunft auch von Arbeitertrupps gebucht, die ambulant in der Region tätig sind. Und so viel es mir morgens nicht schwer, meine Packtaschen auf Rennstahl zu verlassen und den müffeliegen Ort zu verlassen. Wiederholt versuchte ich der Lady Google eine andere Route, als die über die stark befahrene SH2 zu entlocken. Vermutlich war sie, angesichts meiner angeblich unflätigen Bemerkungen (ich kann mich an nichts erinnern) als sie mich auf den Holzweg geschickt hat, pikiert oder vorsichtiger geworden. Im Vorfeld hatte ich schon eruiert, dass es eine Nebenstrecke nach Waipawa ab Havelock North gibt. Und so machte ich mich dann ab Havelock North auf den Weg über den Middelroad. Lady Google bekundete mir irgendwann auch die Strecke zu kennen und bescheinigte dann zwischendurch noch 45 Kilometer Wegstrecke bei 180 zu überwindenden Höhenmetern. Klingt erstmal total entspannt und war es dann auch. Auf dem relativ ebenen Belag floss die Straße meist in sanften Seiten-, Auf- und Abschwüngen vor mir her. Trucks gab es überhaupt nicht und der PKW-Verkehr war auch mehr als überschaubar.


Als Kompensation des komplett fehlen Seitenstreifen, bzw. einer Seitenausfläche hatte die Straßenbaubehörde, gefühlt alle zwei Kilometer ein Schild montiert, was auf den Sicherheitsabstand zu den Radfahrern verweist. So war ich seit langer Zeit Mal wieder extrem entspannt durch die neuseeländische Farmlandschaft unterwegs.


Vermutlich hat‘s das Weidevieh zwei Esel und ein Schwein auch bemerkt, kamen sie doch als ich die Straße vor ihre Weide passieren wollte, in freudiger Erregung zu mir gelaufen. Vermutlich denkt ihr nun von mir, die Tierchen mit Leckerli gelockt zu haben, sind aber wirklich freiwillig gekommen.


Eine Mehrfachbegegnung hatte ich auf der Strecke mit zwei Rennradfahrern ähnlichen Alters wie ich. Die beiden überholten mich mehrfach um mir dann wieder entgegen zu kommen. Ihr Verhalten lässt darauf schließen, dass sie ebenfalls die Qualität der Strecke für sich erkannt haben, es aber keine Alternativen für eine Rundstrecke gibt. Die abgeweideten Hügellandschaften beidseitig der Straße, sind trotz der Regenfälle der letzten Wochen mehr grau oder braun als grün. In den Tagen danach habe ich im Fernsehen ein Satellitenbild gesehen, mit einem Abgleich zum letzten Jahr, wo die sanften Hügel der Hawks Bay in sattem Grün erstrahlten. Entlang der Steilhänge winden sich Terrassen stufengleich, die auf eine intensive Beweidung vor allem auch durch Großvieh schließen lassen. In den Rollkiesel- oder Konglomeratalpen zum Westallgäu bzw. Bodensee hin, habe ich eine von Weidetieren vollkommen überbevölkerte Almwiese gesehen, da war auf den von den Tieren angelegten Weideterassen nur noch rohe Erde zu sehen. Vielleicht kommt es irgendwann noch soweit, dass Verbraucher bzw. der Handel den Milchbauern einen angemessenen Preis bezahlen und damit diese viehische Überbevölkerung im Allgäu Geschichte wird. Die Kuppenlandschaften von der Farbe Mal abgesehen, wirken eher wie Golfrasen als nach Viehweide. Viele Farmer sind in den letzten Jahren von der Schafhaltung auf Rinderwirtschaft (Milch-oder Fleischerzeugung) abgeschwenkt. Anders als bei Schafen oder auch Ziegen werden die Böden um ein Vielfaches mehr in Anspruch genommen. Schlimmer, wenn dazu noch zu viele Tiere auf den Flächen gehalten werden und das Jahr so wenig Regen gebracht hat, wie zuletzt vor hundert Jahren.



In Deutschland führt die Überhaltung von Tieren dazu, dass die Felder mehrfach im Jahr mit Jauche beaufschlagt werden. Kann mich noch an meine Kindheit in unserem landwirtschaftlichen Zweikühegroßbetrieb erinnern, dass die Felder von denen die beiden Kühe ihr ganzjähriges Futter erhielten, nur im Wechsel von mehreren Jahren, den Mist der Tiere oder die Gülle als Dünger abbekamen.


Neben der angenehmen Wegstrecke wartete mir unser Schöpfer noch mit einer weiteren Gabe auf.

Passend in der Farbe meiner Packtaschen verstreute ein Kaktus seine Früchte am Wegesrand.

Also schnell Rennstahl ausgebremst, die vorgehaltene Toasttüte aus dem Rucksack gefriemelt und zum Schutz vor den kleinen und sehr feinen Stacheln an den Früchten, die Fahrradhandschuhe angezogen.

Die ca. zwei Kilogramm Kaktusfeigen im Rucksack (neben dem anderen Prüll), verbesserten die Straßenlage von Rennstahl noch Mal deutlich. Weniger charmant beim Radeln fühlten sich die feinen Stacheln an, die den Weg durch die Handschuhe in die Fingern gefunden haben.


Im weiteren Verlauf meiner Tagestour öffneten sich zur Linken die Hügel und so schweifte mein Blick über das sanfte Flusstal des Tukituki Rivers der bei Napier den Pazifik erreicht.




Sehr dekorativ anzusehen sind wegen ihrer Schwarzweißzeichnung, auch die Elstern in Neuseeland. Sie wurden aus Australien eingeführt um landwirtschaftliche Schädlinge zu dezimieren, und heute sind sie selbst welche.

Es gibt zweierlei Arten, mit weißem oder schwarzen Rücken und heißen im Englischen Magpie.

Apropos, die Farbe Schwarz und Weiß sind auch Nationalfarben der Neuseeländer und die gemeinhin als All Blacks bezeichnete Rugbynationalmannschaft bestreitet auch in Black mit weißen Applikationen ihre Spiele.

Vermutlich ist diese Sportart noch populärer als Motorsport.

Oben im Bild eine Jugendabteilung der neuseeländischen Rugby-Union.


Der rote Hut verweist auf Stock (Viehtrieb) über die Straße und die Beregnungsanlagen auf den Mangel an Wasser. Wenn es auch entspannt war, so war ich dann wiederum doch froh als Lady Gaga oder war es Lady Google aus der Lenkertasche verkündete, sie haben ihr Ziel erreicht, das Ziel befindet sich rechts.



Der Tag war trocken aber dafür wehte ein kühler Wind, der die Tagestemperatur nicht über die 10 Gradmarke krabbeln ließ. Als solches entstand ihr mir kaum das Bedürfnis nach längeren Pausen.


Von der heißen Dusche, auf die ich mich schon seit heute Morgen gefreut hatte, keine Spur. Also erstmal Rennstahl abgesattelt und dann entdeckte ich auch schon in der Ecke der Hütte, den wassergefüllten Kocher einschließlich geschmackvollen Porzellans und diversen Instanttüten. Bei einem süßen Heißgetränk in der Hand erzifferte ich den Zettel, der wohl ursprünglich an der Zugangstür zu meinem Etablissement hing.


Sinngemäß in Kurzform! Hallo Christoph sind weg zum Einkaufen, kommen gegen 5 pm wieder und scheue dich nicht im Wohnhaus duschen zu gehen. Dazu der Hinweis das ich mir wegen des Abendessens keine Sorge machen sollte. Tatsächlich lag das Wohnhaus genauso offen und brach da, wie die anderen Gebäude. Etwas befangen hebelte ich die klemmende Haustür auf und fand auch Badezimmer mit Duschkabine. Herrrrlisch. Eben die Duschorgie beendet, standen auch schon Sonja und Ross in der Eingangstür und begrüßten mich sehr herzlich. Ich bekam Kräcker, Naschwerk und Tee gereicht, um mich damit bis zum Abendessen zu entspannen.


Das Heim meiner Gastgeber Sonya und Ross. Nach dem Abendessen saßen wir noch zu angeregtem Erfahrungsaustausch zusammen und schon gegen 20.00 Uhr zogen sich meine Gastgeber zur Nachtruhe zurück. Mein Häuschen, was wohl nur knapp im Bezug auf Wärmedämmung und Dichtigkeit von Fenster und Türen, die bauphysikalischen Vorgaben der BRD für Wohnungsbau verfehlt, machte aufgrund des nächtlichen Temperaturgefälles, zunächst einen etwas unterkühlten Eindruck. Dafür hatte ich eine warme Zudecke und an eine schlaflose Nacht aus Furcht vor schädlicher Kondenswasserbildung an den Wänden, war aufgrund der hervorragenden Luftzirkulation durch die geschlossenen Fenster und Türen, sowie den genauso hervorragenden hygroskopischen Eigenschaften der verwendeten Baumaterialien, nicht zu denken. Das Licht der Nachtbrettlampe zauberte in mein Quartier, eine warme und stimmungsvolle Atmosphäre. Eben versuchte ich mich noch an einem Buch über Schafe in Englisch geschrieben, und wen wunderts bei der Lektüre, drängten meine Augenlieder mit brachialer Gewalt aufeinander.


 
 
 

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