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Gassenlauf oder von Mangawhai Heads nach Whangarei

  • drehknoepfle
  • 4. Okt. 2020
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 5. Okt. 2020




Grußlos habe ich meine Kellersuite auf den Hügeln der Schönen und Reichen wieder verlassen. Gruß- aber nicht kommentarlos, den habe ich nämlich in die Gästeinformationsmappe geschrieben. Auf der Eingangsseite stand Welcome to “The Views“ Mangawhai Heads. (eigentlich kannte ich den Begriff, habe mir das Wort “Views“ aber extra noch mal übersetzt und es heißt “Aussichten oder Aussicht“) So habe ich nur das “Views“ eingekreist und meine aus Niederösterreich stammende Gastgeberin die Claudia ganz sachlich gebeten, sie solle in ihrem Internetauftritt bei Airbnb doch bitte darauf verweisen, dass die Aussicht alleinig den Gastgebern vorbehalten ist. Gut das solche Situationen bzw. Unterkünfte, nicht repräsentativ für die anderen Kiwi-Airbnb-Gastgeber sind.



Freundliches Willkommen am Eingang zum nächsten Ort. Die bergige Landschaft um Mangawhai Heads setzte sich auf sich anschließenden Kilometern in Richtung Norden übergangslos fort. Dazu Aprilwetter mit allem außer Schnee und auch der böige Wind kam aus fast allen Richtungen, jedoch am Liebsten von vorne. So ließen sich die ca. 65 km und über 600 Höhenmeter meiner Tagesetappe eher garstig an. Irgendwann schloss die Twin Coast Discovery Hwy wieder zur SH1 auf und weiter ging es weniger steil nicht aber weniger anstrengend auf der starkbefahrenen Straße einher. Außer auf Brücken oder unübersichtlichen Stellen hatte ich meist einen komfortablen Seitenstreifen. Heißt aber auch nichts, weil die Fahrer einschließlich der Trucks, nach Formel 1 Manier, die gesamte befahrbare Bahnbreite ausnutzen. (Da kann man auf dem Weg zur nächsten öffentlichen Toilette noch einige Hundertstelsekunden mit wett machen!) Natürlich immer den Sicherheitsabstand zum hochgefährlichen Mittelstreifen wahrend.


Klassische Situation auf den Brücken. Auf einer Nebenstrecke traf ich noch die Sylvia unterwegs mit Mehrtagesrucksack und forschen Schrittes. Sie ist quasi auf dem neuseeländischen Pilgerweg dem Te Araroa unterwegs, ein 3000 Kilometer langer Fernwanderweg von Cape Reanga nach Bluff, dem südlichsten Zipfel der Südinsel. Sie stammt aus Deutschland und wohnt, verheiratet mit einem Kiwi, in Auckland. Und so war heute ein Tag, da wollte ich irgendwann keine saftigen grünen Weiden, keine Schafe und keine Rindviecher (ich meine doch das Weidevieh) mehr sehen, sondern nur noch ankommen.



Positiv, zur Essenszeit tat sich an der Straße eine Bakery auf. Warm und trocken gab es zu meinen geschmierten Broten heißen Earl Grey und eine leckere Apfeltasche. Eigentlich sah ich mich schon fast unter der Dusche stehen, als sich wenige Kilometer vor Whangarei ein Baustelle auftat. Schon die zurückliegenden Brücken, jeweils mit 100- 200 m langen engen seitenstreifenlosen Fahrbahnen waren eine Herausforderung. Dann kam es aber dicker! Über eine Strecke von ca. 800 m wurde aus der Fahrbahn ein enger Schlauch, in dem es keine Überholmöglichkeit noch Ausweichstellen gab. Im dem Lied mit dem Titel “König von Preussen“ von Hannes Wader heißt,



“Und wann wir Gassen laufen, dann spielet uns man auf, mit Waldhorn und Trompeten, dann geht es wacker drauf…….. Zur Abwechslung haben mir heute die Kiwifahrer aufgespielt aber alle weiteren Umstände fühlten sich ziemlich ähnlich an. Vielleicht war es aber auch nur eine weitere Übung sich ganz und gar SEINEM Schutz anzuvertrauen. So erreichte ich zeitnah mein Quartier in Whangarei (Wh wieder mit F gesprochen) ein hübsches Wohnhaus von 1905 und hatte Mal wieder einen Grund mehr, meinem Schöpfer für die Bewahrung über diese Zeit zu danken. Jan (war auch Mal Künstler) mein Gastgeber führte mich zu meinem Zimmer und auch durch die anderen Räume des stilvoll eingerichteten Hauses. Natürlich zeigte er mir auch den Sonnenplatz auf der Terrasse, den ich ebenfalls mit nutzen sollte. Einen Schlüssel bekam ich keinen, in den Zimmer- und den Haustüren gab es wohl Schlösser aber keine Schlüssel. So ist man doch unmittelbar der Sorge enthoben, das Schließwerkzeug zu verlieren oder bei der Abreise in der Hosentasche zu vergessen. Die Gedanken führen mich bei dieser Art der Unterkunftswahl zu Studien, was die jeweiligen Airbnb-Gastgeber bereit sind mit ihren Gästen zu teilen. Dabei ist mir nicht daran gelegen, Kosten gegen erbrachte Leistung aufrechnen, sondern beobachte lediglich die Haltung meiner gastgebenden Mitmenschen. Dazu fällt mir ein Schlüsselspruch aus dem Buch “ Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran“ von Eric Emmanuel Schmitt einem Franzosen ein, “…..das was du behältst ist dir für alle Zeit verloren aber das was du verschenkst bleibt dir alle Zeit erhalten.“ Gelegentlich habe ich mich auch selbst bei der Frage erwischt, was bin ich bereit zu teilen. Auf Empfehlung von Jan war ich abends ins Städtchen zum “Fetten Kamel“ geradelt, ein nettes Restaurant mit türkisch-nahöstlicher Küche. Heeerrrlisch lecker! Übrigens ist es fast überall kostenloser Standard in Kiwiland, dass man zum Essen eine Flasche gekühltes Leitungswasser hingestellt bekommt oder sich einfach nimmt. So ist man auch nicht unweigerlich angehalten, ein Getränk zu bestellen.



Dank dem Einwegsystem in NZ haben manche Kiwi nicht nur ein Alkohol- sondern auch ein Flaschenproblem. Apropos das Bundaberg ist nicht alkoholisches Gingerbeer. Den reisefreien Tag danach habe ich mir, 40 Minuten weiter mit dem Rad, einen eindrucksvollen Wasserfall angeschaut. Aus welchen Gründen auch immer war um das Naturschauspiel ein ziemlicher Touristenrummel. (Vielleicht lag es an der unmittelbaren Nähe zum Parkplatz ) Aus einer Gruppe von Kindern besonders auffallend, ein Junge von etwa 10 Jahren der Mühe hatte auf dem etwas unebenen Boden zu laufen, aber “offenhöhrlich“ kein Problem, seine Krawalldose (von Mobiltelefonen animierte zylinderförmigen Lautsprecher) an diesem idyllischen Ort dröhnender Weise mit sich zu tragen. Wenn ihm das Ding ins Wasser gefallen wäre, hätte ich wohl ziemliche Mühe gehabt, Mitleid für den Armen zu empfinden.



Den letzten Abend ließ ich mit einem Dinner, zu dem ich meine Mitbewohner geladen hatte, ausklingen.



Politik, Frauensache, bei den Maoris auch!? Schöner Slogan dazu! (Glaube an dich/ glaube an mich) Klingt irgendwie vernünftiger als z. B. NZ first. Könnte man vielleicht noch ergänzen, and believe in God .


 
 
 

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