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Gesundheitswochen in New Plymouth

  • drehknoepfle
  • 2. Sept. 2020
  • 7 Min. Lesezeit



So wie sich auf meiner im Unterbewusstsein befindlichen To-Do-Liste beim Aufenthalt in Wellington der Eintrag Schule fand, so war jetzt Gesundheitscheck zu lesen. Seit Waipawa und im Zusammenhang mit der Deckenplattenmontage hatte ich das Gefühl, das der linke untere Lendenwirbelbereich etwas aus der Fasson geraten war. Dazu als vorbildlicher Musterschüler aller Krankenkassen und weniger unangenehm, die Zahnprophylaxe die ich mir halbjährlich gönne. Für beides wusste Sheryl meine freundliche Host gute Adressen. Mit “Rücken“ wurde ich von ihr an einen Osteopathen und zum Aufpolieren der Kauwerkzeuge zu einer Dentist Praxis verwiesen. Auch in der medizinischen Szene findet ein sehr entspannter zwischenmenschlicher Kontakt statt. Für die Anmeldung wegen Rücken brauchts zunächst nur den Vornahmen und genauso unförmlich ging es dann mit Luke dem jungen sympathischen Osteopathen weiter. Für 75 NZD wurde mir die konstruktiven statischen Elemente meines Körpers über 45 Minuten lang von links nach rechts und umgekehrt geschoben. Mit einem sehr guten Gefühl, etwas Muskelkater und einem Folgetermin verließ ich hernach wieder die Praxis. Bezahlt wurde cash mit Karte und für meine maroden Schultergelenke bekam ich von Luke noch Gymnastiktipps. Zweierlei Termine weiter und bewaffnet mit einer Liste weiterer der Stärkung bzw. Dehnung von Oberschenkelmuskulatur und Schultern dienenden Übungen, entließ mich Luke wieder in die Unbildungen der neuseeländischen Straßenlandes. Weiterhin zwanglos (my name ist Christoph and I have an appontment at 2 p.m.) ging es dann auch in der Zahnarztpraxis weiter. Empfang und Wartezimmer sind “all in one“ und die Termine sind so getaktet, dass man die fehlenden Zeitschriften nicht wirklich vermisst. Mit einer Lobeshymne auf die deutsche zahnärztliche Handwerkskunst der behandelnden Dentistin und auf Hochglanz gewienerten Zähnen, verließ ich auch hier wieder die Praxis. Natürlich auch hier direkte Bezahlung (125 NZD) mit Karte.


Eine meiner Sorgen im Vorfeld der Reise war es auch, zum Hammelfleisch Essen eingeladen zu werden. Da die Kiwis ihre erwachsenen Schafe auch nicht essen mögen und satt dessen eingefroren in arabische Länder verschiffen, war auch diese Sorge vollkommen unberechtigt. Als ungemein informativ und sehr herzlich hat sich die Einladung bei Wynne und Paul zum Kaffeenachmittag mit Orange Cake entwickelt. Paul hatte ich bei meinem ersten Besuch in der Co-Operating Church von Brooklands kennengelernt. Er ist dort der Pastor und hat natürlich einen versierten Blick dafür, die neuen Gesichter zwischen den Schäfchen seiner Gemeinde auszumachen. Nach meinen ersten drei Brocken Englisch hatte er mich schon als Deutschen enttarnt. Er und seine Frau sind mittels deutscher Gaststipendien für einen Zeitraum nach Deutschland gekommen und Paul hat auch unter anderem zeitweise hier in NZ als Deutschlehrer gearbeitet. Lebhaft konnte ich mir die Situation vorstellen, wie er als junger Mann mit seinem sechsjährigen Schuldeutsch im Gepäck, auf eine urschwäbische Gastfamilie traf. Nicht nur das in diesem Umfeld niemand englisch verstand oder sprach, so wurde in der Familie normal g‘schwätzt, nämlich schwäbisch. Meiner Muttersprache (Alemannisch) sehr nahe, hätten wir uns sehr gut auch in der südwestlichen Hochsprache weiter unterhalten können. Seine Gasteltern musste er Sie’zen, da sind wir halt bei weitem nicht so locker drauf wie die Kiwis. Herzerfrischend von deren Erlebnissen und Einrücken über die Deutschen zu erfahren. Auch die Situation mit dem damals geteilten Berlin aus dessen Blickwinkel kennen zu lernen und die Umstände um die ehemaligen Tätärätätä (DDR). (Tätärätätä deshalb, weil sich das Kürzel DDR, aus dem Munde des ehemaligen Parteivorsitzenden Honecker immer so anhörte)

Die örtlichen Glaubensanbieter (Kirchengemeinden) in Kaufbeuren zu dieser Zeit, waren wohl auch bei ihm nicht geeignet, sein Herz zu gewinnen. Sehr lebhaft auch die Schilderungen von Paul, von der Gruppe junger Christen unterschiedlicher Konfessionen, die er im Wohnort seiner Gastfamilie in Kaufbeuren kennengelernt hat. Die sangen doch tatsächlich Lobpreislieder mit deutschen Texten, die er schon von Kindesbeinen an auf Englisch kannte. Nachdem wir uns gegenseitig die Liebe zu diesen christlichen Liedern eingestanden haben, erzählte er mir auch davon, dass viele davon einer irischen Band entstammen. Eingängige tiefe christliche Texte (Gebete), die im Verbund mit alten irischen Melodien wundersam wohlklingend daherkommen. Lieder (Gebete) bei denen ich regelmäßig feuchte Augen bekommen.


Auf meine Frage hin, dass der Gottesdienst (Anglican- Presbyterien-Verbund) meiner Gemeinde (FeG Burscheid) sehr nahekommt, bekam ich weitere Hintergründe erläutert. Die Anglican-Church hat ihre Wurzeln wie auch die Prespyterien und Methodist- Church in der katholischen Kirche. Die Erstgenannte entstand, weil der Heinrich der VIII., wegen seiner Frauengeschichten Stress mit dem Papst in Rom hatte. Bei der Gelegenheit hat er auch direkt den Job vom Papst übernommen und sich selbst als Oberhaupt der englischen Kirche berufen. Die Presbyterien Church hat ihre Wurzeln in Schottland (wie auch Wynne die sympathische Frau von Paul) und gilt als reformierte Kirche. Die Methodist-Church geht auf John Wesley zurück, gilt auch als reformierte Kirche, nicht mit dem Focus auf eine eigenständige Lehre sondern die christliche Lebenseinstellung. Alles detailliert nachzulesen beim (Wiki) Peter. Aktuell in der Gemeinde hier in Brooklands gibt es um 08.00 Uhr am Sonntag einen Gottesdienst klassisch mit Liturgie und um 10.00 den Gottesdienst, in der Ausrichtung wie ich ihn in den baptistischen Gemeinden in NZ erleben durfte. Falls es Euch im Rahmen einer Urlaubsreise Mal in diese attraktive Region verschlagen sollte, unbedingt sich den Sonntagmorgen für einen Besuch der Angeliken-Presbyterien Church in Brooklands frei halten. Vielleicht passiert es Euch wie mir, dass Euch zum Abschluss des Gottesdienstes der Segen persönlich in Deutsch zugesprochen wird. Und schon wieder feuchte Augen! Eine weitere Frage über NZ die mir schon lange unter den Nägeln brannte, konnte mir Paul auch sehr ausführlich erläutern. Was hat es mit diesem intensiven Gedenken oder Kult um die Kriegstoten besonders auch des ersten Weltkrieges (in Form von Monumenten, Anzac-Day, Museen, Memory-Halls) auf sich? Sowohl NZ als auch Australien galten bis dahin immer als Kolonien, als Kinder der Großen Mutter England, bzw. des englischen Königshauses. Eigentlich haben sie ursprünglich in diesen kriegerischen Auseinandersetzungen ihrem Mutterland zur Seite gestanden. Aber gleichzeitig auch ihre eigene nationale Identität aus dem geleisteten Blutzoll hergeleitet. Halt freie Staatsbürger eines souveränen Staates, Nation zu sein. Der Gründer der modernen Türkei Atatürk, hat über die in der Schlacht von Gallipoli in der Türkei gefallen Kiwis und australischen Soldaten gesagt, sie liegen nun in unserer Erde und wir werden sie als unsere Söhne annehmen. Diese großmütigen wertschätzenden Worte kamen für Kiwis wie Australier einer Anerkennung ihrer Souveränität gleich. Noch ein Satz zu Atatürk, von dem ich eigentlich nicht sehr viel weiß und das es im Süden von Wellington an der Küste ein Denkmal für ihn gibt. Auf meinen Wanderungen in der Türkei hatte ich die Wahrnehmung, das Atatürk eine um vielfaches höhere Wertschätzung erfährt als das aktuelle Staatoberhaupt. Zumindest bei den Türken, die ich in der Türkei kennengelernt habe. Die Formel, “Freunde Atatürks“, habe ich nicht nur in der westlichen Türkei sondern auch in Whakatane über dem Eingang zu einem türkischen Restaurant gehört bzw. gelesen. Es erklärt auch den besonderen Focus, den die Kiwis auf die Türkei haben. Ganz besonders wichtig waren diese Ereignisse auch für die Anerkennung der Maoris in ihrer Heimat. In ihrem Herzen der kriegerischen Tradition zu allen Zeiten zutiefst verbunden, (gegen andere Stämme, gegen die europäischen Einwanderer), war es für die Söhne der Maoris eine ureigene Bestimmung, gegen die Feinde Englands und damit des Stammes, der Whanau (Familie) zu kämpfen. So waren diese kriegerischen Handlungen, Schulter an Schulter mit den ehemaligen Feinden ein Schritt zur Anerkennung, zur Emanzipation als gleichberechtigte Bürger in einem eigenständigen Staat. Da verwundert auch nicht die nochmals besondere Ehrung und Angedenken an die Kriegsteilnehmer als auch an die gefallenen Soldaten, in ausschließlich von Maoris bewohnten Regionen oder in deren Kirchen, zu erfahren.


So wie ich es in Wellington liebte, den Botanischen Garten zu queren, so mochte ich es hier auf dem Weg von Brooklands einem Stadtteil von New Plymouth zur Innenstadt, den Pukekura-Park zu kreuzen. Der Name rührt von den endemischen Bäumen her die zur Weihnachtszeit, also im Hochsommer blühen und von den Kiwis auch der kugeligen roten Blüten wegen, als Weihnachtsbäume bezeichnet werden. Der Park folgt der Flucht eines natürlichen Wasserlaufes zum Meer hin und das Gewässer bildet immer wieder natürliche kleine Wasserflächen aus, die durch romantische Brückenanlagen zu queren sind. Auch hier wechseln sich Bereiche mir natürlicher wilder Vegetation mit geschmackvollen Gartenanlagen englischer Prägung ab. Mittlerweile in den letzten Zügen im Park am Blühen, die Rhododendren, Kamelien und Magnolienbäume. Die Konstellation von Westküste mit vorzugsweise westlichen Luftströmungen und dem Taranaki im Rücken sorgt für ausgiebige Regenfälle, wie ich es auch selbst hier reichlich erfahren durfte. Einen trockenen Tag ausnutzend, hatte ich mich aufgemacht um den Küstenwalkway zu erkunden. Der Weg zieht sich sehr gepflegt und romantisch unter anderem auch über die stylische Rewarewa-Bright gen Norden. Kaum am Küstenweg angelangt, wurde ich dank der hohen Flut und der lebhaften Wellen prompt samt Rennstahl mit Salzwasser getauft und das blieb auch nicht das einzige Mal. Ein echtes Naturschauspiel zu beobachten, die die Wellen gegen die Steinwälle der innerstädtischen Bewehrungen anlaufen. Wie auch schon in Wellington gab es auch hier wieder die jugendlichen Badegäste (Brrrr...) und dazu noch eine Vielzahl von in neoprengehüllten Wellensurfern. Die Westküste Neuseelands zu Australien, wenn auch ein Teil des Pazifiks wird als Tasmansee bezeichnet.




Eigentlich wollte ich mich nach dem mehrtägigen Aufenthalt bei Sheryl wieder als auf den Weg machen, als mich Wynne und Paul in ihr (Pfarr) Haus einluden und auf eine Konzert von Paul mit seinem Bruder für Donnerstag verwiesen. Das war damit auch meine bisher kürzeste zurückgelegte Etappe von einer Straßenseite schräg auf die andere Seite.


Vielleicht noch eine Hinweis zu der Tarahua-Road, in der ich (hüben wie drüben) in Brooklands wohnte und den neuseeländischen (Renn) Fahrern. Etwas außerhalb und mit geringer Verkehrsdichte behaftet eignet sie sich wunderbar seinen motorisierten Untersatz Mal so richtig auszufahren. Bei der Gelegenheit und nachdem er vorher ein Polizeifahrzeug gerammt hatte, musste gerade nebenan an junger Mann sein Leben lassen. Natürlich bin ich selbst der Letzte, der sich in jugendhaften Alter von solchem Gebaren freigesprochen hätte. Wie unzulänglich ist man in gewissem Alter in seinem Handeln, kein Platz für Gedanken um mögliche Folgen oder auch das Leid der Zurückbleibenden.


Mitbewohner im Hause sind zwei Teenykatzen (er heißt Curdie in weiß und sie Phenie) von 15 und 17 Jahren. Da das Leben immer um die beiden herumdreht, wird das Haus auch als Cats-Rest Home (Katzenaltersheim) bezeichnet. Insgeheim übt sich Paul so seine Aussage, an den beiden ältlichen Katzen in Nächstenliebe, um diese noch vermehrt an seiner Gemeinde praktizieren zu können. Die Phenie ist blind und taub und läuft aber den ganzen Tag, suchend nach Futter und Zuwendung, durch die Wohnung. Mich hat es ein wenig an uns selbst erinnert, die wir blind und taub für die geistige Welt durchs "wahre" Leben tapsen.

Das Städtische Museum ist bei freiem Eintritt durchaus geeignet, sich einen verregneten Vormittag dort aufzuhalten. Neben Informationen zur Stadtgeschichte, den ersten Siedlern den Maoris und auch sonst wird viel Informatives geboten. Mit dazu gehört das Informationszentrum für Gäste und die Bibliothek, üblicher Weise mit freiem Wi-Fi.


Das Kunstmuseum in fußläufiger Entfernung kann es in seinem Erscheinungsbild sicherlich auch mit Kunsttempeln größerer Metropolen aufnehmen. Eine spiegelnde futuristische Außenfassade und im Innern geht es genauso ungewöhnlich in der Ausgestaltung der Ausstellungsräume weiter. Auch ohne die wechselnden Ausstellungen und Themen schon durch die unterschiedlichen Ausrichtungen der Wände, Böden und Lichteinfälle ein Hingucker. Eine letzte Bemerkung zur Zeit in dieser schönen Region! Die Zitronen in Nachbars bzw. Pfarrers Gartens so finde ich, haben auch eine besondere Erwähnung verdient. Generell fand ich Zitronen normalerweise einfach nur sauer. Nicht so die v. g. Zitrusfrüchte, die als Saft besonders mit heißem Wasser und etwas Zucker ihr wunderbares Aroma entfalten. In Gedanken waren ich damit auch schon wieder Likör am basteln.



 
 
 

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