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Lupinen-Pass oder von Wanaka nach Queenstown

  • drehknoepfle
  • 19. Jan. 2021
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 1. Feb. 2021


Für heute hatte der Wetterbericht wolkenlosen blauen Himmel bekundet und es viel mir einiger Maßen schwer, diesem herrlichen Flecken den Rücken zu kehren. Am Vorabend hatte ich noch mit der Dame von der Rezeption im Wanaka Hotel geplaudert und erzählt, dass ich auf nächsten Wege, also über das Cardrona Valley nach Queenstown radeln wollte. Sie schaute mich entsetzt an und meinte, da ist aber ein Berg dazwischen. Dasselbe meinte auch Googlinde, die mir 901 Höhenmeter bei 69 km Fahrtstrecke bestätigte. Es wäre auch weniger steil aber mit 112 km und mehr Verkehr über die SH6 gegangen. Die Cardrona Valley Road vom Lake Wanaka zum Lake Wakatipu ist eine historische Passstraße, die erst um das Jahr 2000 mit einem festen Straßenbelag versehen wurde. Ansonsten zeichnete es sich ab, dass es heute die letzte Reiseetappe auf dem Rücken von Rennstahl sein würde. Die ersten Meter noch vorbei an der wunderschönen Seepromenade, schwenkte mein Fahrweg schnell nach links ab und folgte schon nach kurzer Zeit dem Cardrona River und seinem Tal. Auf der Straße herrschte lebhafter Reiseverkehr und so gab die kraftfahrende Zunft mal wieder alles, was sie zum Erwerb der Fahrlizenz gelernt bzw. wieder vergessen haben. Unterstützung bekam ich heute von ungewöhnlicher Seite, nämlich durch den Wind und zwar von hinten.


Zu beiden Seiten der Passstraße hatten sich hohe Berge gelagert, die ich nun in sanften Schwüngen durchschnitt. Das Auffälligste am Wegesrand ungewöhnlich viele Lupinen in unterschiedlichen Farben. Diese hochsommerlichen, lichtliebenden Blumen, mochte ich auch schon aus der Zeit meiner Jugend im Schwarzwald.



Als ich im vergangenen Jahr nach NZ kam, war die Zeit der Kirschreife lange vorbei und so freute ich mich insgeheim darauf, dass sich vielleicht ein Baum mit reifen Früchten an meinem Reiseweg gesellen könnte. Und heute war es soweit, auf der ersten Strecke säumten wilde Kirschbäume, übervoll mit Früchten die Straße. Wie schön, sich an den reifen Früchten zu laben und wie schön auch, dass mir mein "Reiseleiter" selbst diesen Wunsch aus meinen Gedanken abgelesen hat.



Zwischendurch sehr malerisch am Wegesrand, Gebäude der alten Siedlung Cardrona.


An anderer Stelle kein Sodom und Gomorrha oder Sammelstelle für den Zierrat des weiblichen Geschlechts, sondern eine Form von Kunst aber mit dem realen Hintergrund, sich an der Spendenbox für die Brustkrebsforschung oder Vorbeugung finanziell einzubringen.


Immer tiefer zog sich die Cardrona Road in das gleichnamige Tal und eher seniorenfreundlich in Kaskaden, stieg sie kontinuierlich an. Die Hügelketten rückten mit der Zeit immer näher an die Straße und ich fragte mich, ob überhaupt oder wann denn nun die heftigen Steigungen kommen. Nach jeder Kurve taten sich neue Schwünge auf aber irgendwann war dann doch Schluss mit lustig und die Passstraße zog sich jäh nach oben. Da war auch der Rückenwind nicht mehr wahrnehmbar und ich benötigte diverse Stopps, zum Trinken und um meinen Puls am Überkochen zu hindern. Letztlich erreichte ich zum frühen Nachmittag den Scheitelpunkt meines Weges und packte Brote und die Banane aus, um mir mit Aqua Naturale zuzuprosten und die Besteigung (Beradelung) zu feiern.


Vereinzelt traf ich um Wanaka und auch auf dem heutigen Weg auf Rennradfahrer. Die waren jedoch so eilig, dass die meisten noch nicht einmal Zeit hatten, meinen Gruß zu erwidern. Man gewinnt bisweilen den Eindruck, dass eine grundsätzliche Lebenseinstellung der Kiwis darin besteht, eilig zu sein. Was mich ganz besonders interessieren würde, wofür wird die durch Eile eingesparte Zeit (z. B. bei der Benutzung von Kraftfahrzeugen im Höllentempo) verwandt? Auf dem Weg nach unten brauchte es danach wirklich den vollen Druck der hydraulischen Bremsen, um Rennstahl daran zu hindern, mit mir und den orangen Ballasttanks durchzugehen. Einmal wieder vom Berg runter, verwies ein Schild ernüchternder Weise, auf immer noch 20 Kilometer nach Queenstown, entlang der stark befahrenen SH6. Wenig vergnüglich trotz komfortablem Seitenstreifen und bei dem neuerlichen auf und ab an der Strecke, hatte meine Beinmuskulatur erheblich an Spritzigkeit verloren. So brauchte ich gegen 16.00 Uhr in Queenstown angekommen keine weiteren Extratouren mehr, sondern nur noch ein Quartier mit Dusche und etwas Ruhepause.


Abends schaute ich mir das quirlige Städtchen an, radelte entlang der Promenade und auch durch den Queenstown Garden, eine Halbinsel die vom Lake Wakatipu umschmeichelt wird. Man könnte das Städtchen auch als Action-Hausen bezeichnen, weil es im Zentrum nur aus Buchungsbüros für allerhand actiongeladene Aktivitäten, Outdoor-Läden und Restaurants zu bestehen schien. Zwischen Promenade und Gartenanlage ein derart kreativ angelegter Kinderspielplatz, dass man am Liebsten hätte mit Toben wollen. Beim “Türken“ suchte ich die verbrannte Energie mit einem Döner wieder reinzuholen und in der Eisdiele an der Promenade wurden anschließend meine intimsten Nachtischwünsche befriedigt.


Im offiziellen Visitor Center von Queenstown, fragte ich nach einer Wanderkarte von der Region. Neben komplett mit Prospekthaltern samt Inhalt tapezierten Wänden, die ungewöhnlichsten Aktivitäten jeglicher Art anpriesen, gab es so etwas Gewöhnliches wie eine Wanderkarte nicht. Irritiert, aber freundlich wurde ich von einer Mitarbeiterin an das Conservation Center (staatliche Naturschutzbehörde) verwiesen.


Letztes Bild, schon wieder das Fahrradschloss (bzw. die Kette) zu kurz. So konnte ich dann eine schöne Tagestour auf den Ben Lomond eruieren. In dieselbe Richtung führt auch eine Bergbahn, die ich natürlich für meinen Aufstieg ausgelassen habe. Was sollen den sonst meine Watch-Mates (Gruppenmitglieder) bei Outward Bound von mir denken? Auf der Bergstation ein Rummel, der jedem bekannten Touristenhotspot in den Alpen Konkurrenz gemacht hätte. Sommerrodelbahn, Zipp-Linie, Eisdiele und reichlich Gastronomie, Elektrominibagger für Kinder (Plastikförmchen und Schaufeln war früher) und Mountainbike Trails bis ins Tal von Feinsten. Wenn man nur lange genug danach suchte, fand sich auch Schild, dass auf mein Wanderziel verwies.


Nach vielen Höhenmetern und viel Schweiß auf dem Ben Lomond angekommen, wurde man mit einer traumhaften Rundumsicht auf den Lake Wakaputi und die umliegenden Berge belohnt.



Links, Kunstwelten auf der Bergstation.

 
 
 

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