Nordwind oder von Punakaiki nach Greymouth
- drehknoepfle
- 21. Dez. 2020
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 24. Dez. 2020
Farblich abgestimmt mit den Strohblumen im Hintergrund, Rennstahl gesattelt vor dem Motelzimmer neben der Punakaiki Taverne.
Die Wettervorhersage sprach von schwachem Nordwind, wobei mir durch den ständig blasenden Southernly Windstille wie Down Hill fahren vorkam. Begeistert durch die unerwartete Hilfe hatte ich zügig die Steigung zu den Pancakes Rocks erklommen und weiter ging es in einem munteren Wechsel von Steigungen, Gefällstrecken und flachen Passagen. Allein ohne Gegenwind war dieser Tag bestens dafür geeignet, dass ramponierte Vertrauen in mein Leistungsvermögen wieder aufzubauen. Um es noch mal auf das Erlebte bei Outward Bound herunter zu brechen, das Gefühl ist so unterschiedlich, wie mit prallgefüllten Segeln durch den Queen Charlotte Sound zu gleiten oder mühselig das 10-Meter-Schiff zu rudern. Auch für die heutige Strecke hatte mein Reiseleiter Mal wieder weder Kosten noch Mühe gescheut, eine wunderbare Kulisse links und rechts des Weges zu installieren. Zur Rechten der Blick über weite Strände auf die die Tasman See ihre Wellen schob, dann aber auch skurrile Felsformationen, vorgelagerte Inselchen und das alles garniert mit reichlich Grün.
Zur Linken aufsteigende Bergflanken dichtbewachsen mit dem natürlichen neuseeländischen Bush. Immer wieder unterbrochen von Taleinschnitten die sich zum Meer hin öffneten. In Kombination mit den schieren Felswänden ein Naturerleben, worüber man das Kurbeln vergessen konnte. Stopps zum Fotografieren, Sinnieren oder um laut zu denken, Boah ey Großer Gott welch wunderbare Landschaft hast DU hier geschaffen. Die einzelnen Täler (Creeks) wurden bisweilen hochkreativ, nach dem Abstand zu Greymouth z. B. 13-Mile-Creek, oder 9-Mile-Creek oder 7-Mile-Creek genannt.
Aus Muße machte ich in Barrytown einer winzigen Siedlung und ehemals Goldgräberstadt einen Tee Stopp. Eine Infoschrift mir vom Wirt in die Hand gedrückt, berichtete von den glorreichen Zeiten des Ortes als es hier 11 Hotels gab und bis zu 5000 Menschen lebten.
Unter links, ein aufgeschnittener Greenstone (Jade).
Da ich meine Kraft nicht dafür aufbieten musste dem Wind zu trotzen, genügte es die benötigen Energie für die Steigungsstrecken aus der Portokasse zu nehmen.
Bei dem geringeren Verkehr auf der SH6 waren auch weniger dogmatische Kraftfahrer unterwegs.
Zur Aufklärung, das sind die Fahrer deren Überzeugung es ist, für das Überfahren der Mittellinie (um vielleicht einem Radfahrer auszuweichen) der ewigen Verdammnis anheim zu fallen.
Solche Glaubenssätze sind gerade im christlichen Glauben weit verbreitet. So wie man zum Beispiel ohne getauft zu sein auch der ewigen Verdammnis geweiht ist. Da ist es dann sch….egal ob man eine gottgefälliges und rechtschaffendes Leben geführt hat, ohne Taufschein hast du halt versch….
Erschwerend kommt noch dazu, dass die christliche Kirche vermutlich in der Zeit um das 2. Konzil in Konstantinopel, um 553 n. Chr., die Reinkarnation aus ihrem Lehrplan genommen hat und damit nun auch keine mehr Chance besteht, das Versäumnis mit der Taufe in einem späteren Leben nachzuholen. Oh, abgeschweift!
Besonders erwähnenswert die heimischen Pohutakawabäume, die nun vermehrt die Unmengen an Knospen zu knallig roten Blüten öffnen. Die Bäume stechen in ihrer roten Pracht massiv aus der Vielzahl an Grüntönen heraus. Etwas wovon die Kiwis mir schon öfter erzählt haben und anderes als die Bestimmung der vorherrschenden Windrichtungen mehr als stimmig ist. Worauf ich mich auch schon seit Beginn meiner Reise im Februar freute, dass waren die Blumenbankette entlang der Straße bestehend aus Schmucklilien, Hortensien, Lilien, Montbretien und auch Blumen aller anderer Arten.
Später säumte auch wieder Weide- bzw. Farmland die Straße und so tummelten sich in den grünen Auen zumeist Milchrinderherden. Immer wieder auch Hinweise Denkmäler auf die Zeit als hier an der Westküste nach Gold gesucht und gefunden wurde. Nachdem die Straße auf den letzten Kilometern von der Küste abgerückt war, schloss sie nach der Überquerung der Grey River Brücke und dem Erreichen des Ortes Greymouth wieder an die Wasserlinie. Unter Volldampf aber ohne Verwüstungen, wie die Tornados die diese Region schon Mal heimsuchen, lief ich dann in der ca. 6000 Seelengemeinde ein. Bekannt geworden ist die Stadt durch Goldmining und durch den Steinkohleabbau.
Das vorgebuchte Airbnb sollte sich rückseitig auf einem privaten Anwesen befinden. Das Haus mit der Zahnarztpraxis war dann auch schnell gefunden und Barry der Zahnarzt führte mich mit einigen Erklärungen zu einem Schuppen, in dem Möbel, Fahrräder und allerhand anderer Kram sich um die freien Stellflächen stritten. Irgendwo in einer Ecke eine ungemachte Schlafcouch und mitten in dem Chaos stand etwas unmotiviert eine hochmoderne, gediegene Eckduschkabine, die aber augenscheinlich den Nachweis auf Funktionsfähigkeit nicht erbringen konnte. Barry erklärte mir, dass hier schon Mal Leute Couch-Surfing gemacht hätten. Im gegenseitigen Einvernehmen beschlossen wir, auf eine geschäftliche Beziehung zu verzichten. Sicherlich wäre ich mir nicht zu schade gewesen, in der Not das angebotene Etablissement zu beziehen aber nicht für den vor ausgemachten Übernachtungspreis. Nicht als das es hier in dem Ort eine große Zahl unterschiedlicher Unterkünfte gab, folgte ich doch einer Empfehlung von Pauline, die dabei war Kirschen zu verkaufen. So gelangte ich zu Noahs Arch, einem charmanten Backpacker-Hotel in einer Jugendstilvilla. Buntes Glas in den Oberlichtern, hohe Decken, knarrende Böden und stumpfeinschlagende Türen , die Klinke bzw. den Drehknauf in Augenhöhe. Eine Kiwidame namens Linda ist die Chefin und Harald aus Nürnberg ihr Partner. Darüber hinaus punktete die Übernachtungsstätte mit viel Liebe zum Detail, Herzenswärme und günstigen Tarifen.
Markus ein Langstreckenwanderer aus Bremen, der fast zeitgleich mit mir ankam, fand mit seinem Zelt auch einen Platz im Garten des Hotels.
Gegen Unterkunft arbeiteten in dem Hotel Paul aus Korea und Maria aus Chile und irgendwie kam ich mir in deren Gesellschaft, in meinem Elephant-Designe Doppelzimmer, wie ein arbeitsscheuer von Beruf Sohn vor.
Sicherlich tut es dem Umsatz des Hotels aber gut, auch nichtdienstverpflichtete Gäste zu beherbergen
Weil mir der Sinn nach Gesellschaft stand, konnte ich Markus dafür gewinnen, die Brauereigaststätte der Monteit’s Brewery zu besuchen. Seinen Bedürfnissen angemessen, gab es zumindest drei vegane Gerichte, wobei ich mal vermute, dass man in einer Kölner Brauereigaststätte da mehr Probleme hätte satt zu werden.
Den flüssigen Spezialitäten des Hauses konnten wir beide gleichermaßen und bedenkenlos zusprechen.
Leeecker!
Die Besonderheit bei dem Denkmal für die unter Tage zu Tode gekommenen Kumpel aus dem hiesigen Kohlebergbau ist der Natursteinring, der sich um die Figuren dreht. Den Sonntagvormittag nutzte ich dafür die Uniting Church von Greymouth zu besuchen, wieder eine herzliche Begegnung mit meinen Schwestern und Brüder eines Glaubens.




































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