Outward Bound oder außerhalb der Komfortzone
- drehknoepfle
- 30. Nov. 2020
- 17 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 4. Dez. 2020
Vorne rechts Tristan Instruktor und Bogenjäger.
Outward Bound ist ein Begriff aus der Schifffahrt dafür, wenn ein Schiff den sicheren Hafen verlässt. Die Einrichtung mit dem Namen wurde in Neuseeland 1962 gegründet und geht wie alle anderen Schulen auf den Erlebnispädagogen Kurt Hahn zurück. Die Non-Profit-Organisation bietet für Menschen fast jeglicher Couloir Kurse an. Der Hintergrund vielleicht Mal ganz platt ausgedrückt, aus guten Menschen bessere Menschen zu machen. Zu den Werten die vermittelt unter anderem werden gehören unter anderem respektvoller wertschätzender Umgang mit seinen Mitmenschen und sich für seine Nächsten einzubringen. Nachhaltigkeit, ressourcenschonender Umgang mit der Natur, Wertschätzung anderer Kulturen usw.. Die Natur und Schöpfung anders zu nutzen, als mit Motorrad, Quad oder Pickup der Erde Wunden zuzufügen. Mehr Details über Kurt Hahn und die Organisation sind wie immer beim schlauen Wiki (pedia) nachzulesen. Durch meinen Airbnb-Host Mike in Opunake (neben dem Taranaki) bin ich auf diese Einrichtung aufmerksam geworden. Unter anderem erzählte er mir davon, dass man drei Tage allein im Bush verbringt mit drei Möhren und ebenso vielen Flatjacks (sehen aus wie Frikadellen, sind aber aus Haferflocken, Trockenfrüchten, Zucker und Zimt gebacken). Das ist doch Mal ein Job für mich, so dachte ich und ließ mich auf die Warteliste für einen freien Platz setzen. Auch in diesem Fall habe ich mich wieder ganz auf meinen himmlischen Lebens- und Reiseleiter verlassen. Soll heißen wenn es dran ist, wird ER schon alles weitere Regeln. Nach einigem hin und her bekam ich irgendwann eine Mail, dass ich für den 04.11.2020 zum Masterkurs über drei Wochen gesetzt bin. In einem eindringlichen Telefongespräch tauscht ich mich mit Jill vom OB-Büro in Wellington aus und erklärte ihr, dass ich seit meinem Reisestart in Auckland im Februar schon öfters aus der Komfortzone gefallen bin und daher gewisse Resistenzen aufweisen könnte. Als Hausaufgabe benötigte ich noch ein Gesundheitszeugnis und sollte darauf trainieren, 3 km in mindestens 20 min. zu laufen. Das mit dem Zeugnis hat in Whangarei gut funktioniert aber beim Training hatte ich mir in der Wade einen Muskelfaserriss zugezogen. Getapted und mit Kompressionsverband um die Wade zog es mich hernach drei Wochen später in den Norden der Südinsel nach Picton. Um die Mittagszeit versammelten sich am Fährterminal in Picton etwa 100 abenteuerwillige Menschen fast jeglichen Alters und ich war einer davon. Mit einer gecharterten Katamaranfähre ging es nach Anakiwa, welches wie Picton am Queen Charlotte Sound liegt. Eine wildromantische zerklüftete Region, die sich in oft steil aufragende Berge und klare Wasserflächen unterteilt. Auf der Hinfahrt wurden für die Willkommenszeremonie Lieder in Maori eingeübt. Nicht die einzige Gelegenheit, worin die Kultur der Erstbesiedler von Aotearoa gewertschätzt wurde. In spezieller Formation die weiblichen Teilnehmer umringt von den männlichen, wurde uns zu Ehren von den Mitarbeitern der Haka getanzt. Danach gab es eine Begrüßung von allen Teilnehmern von allen Mitarbeitern in Maori was bedeutet, dass man sich mit Stirn und Nase berührt. Alles in allem ein wunderbares Ritual an Gesten der Wertschätzung und der gegenseitigen Achtung. Nach der Gruppeneinteilung zu den Sheppard wurde uns auch unmittelbar unser Quartier (ein großer Schlafraum mit separatem kleinem Meetingraum, sowie Sanitärbereich, Trockenraum und Putzraum) zugewiesen. Der Name Sheppard bezieht sich auf die NZ Frauenrechtlerin, was vielleicht auch den hohen Frauenanteil (9:5) in meiner Watch (Gruppe) erklärt.
Nach dem Einräumen mit Zeitvorgabe, fertig machen für eine unbekannte Aktivität in PT-Gear (Physikal-Training- Klamotten).
Im Laufschritt ging es kreuz und quer über das Anwesen, um die einzelnen Bereiche und deren Funktion erklärt zu bekommen.
Wenn überhaupt habe ich von dem Ganzen nur Bruchteile verstanden, zu viel schlechte Akustik und zu viel durcheinander. Ziemlich unpraktisch war es auch für die zeitlich getakteten Aktivitäten keine Uhr zu haben (Batterie alle).
Danach ging es runter zum Strand wo gerade Ebbe war und wo in lockerer Formation durch den Matsch, durchsetzt mit allerhand Meeresgetier, gejoggt wurde.
Im Kreis wurde sich im Anschluss an das lebhaften Rumgespringe in den Schlamm gelegt und mit dem Selbigen gegenseitig beschmiert.
Der Sorge um das Reinigen der gepflegten Sportkleidung wurde man wiederum sehr schnell enthoben, weil nun alle vom Steg in den kalten Fjord zu springen hatten.
Für das anschließende trocken werden blieb nur wenig Zeit, weil die Sheppard Watch (Bezeichnung meiner Gruppe) den ersten Küchendienst hatte.
Tische aufdecken für 100 Leute und anschließend alles wieder Abdecken einschließlich Spülen sowie kompletter Reinigung von Speiseraum und Küche.
Danach wieder Treffen aller Gruppen mit weiteren Ausführungen, die für mich weitgehend unverständlich blieben. Abends auch noch eine Durchsicht der mitgebrachten Ausrüstung. Alles unzureichende bzw. unvollständige wurde aus den umfassenden Ausrüstungsbeständen von OB ergänzt. So gelangte ich auch an sehr gut eingelaufene Wanderstiefel, sowie weiterer Regen- und Wärmeschutzkleidung. Weckzeit war um 06.00 Uhr und 20 min. später war PT (20 Minuten Aufwärmübungen meist in strömenden Regen) angesagt. Danach wieder runter zum Strand zum morgendlichen Dreikilometerlauf. Klassisch wie im Verlauf der Wochen nach vielen Aktivitäten, danach ab in die kalte Salzbrühe vom Fjord. Kalt abduschen unter der Freiluftsprinklerdusche und fertig machen für das Frühstück. Eine Spezialität der Kiwis zum Frühstück, matschig gekochte Spagetti oder Bohnen in Tomatensoße auf Toast. Habe mich in der Regel an das außerdem angebotene Müsli oder den Porridge (in Milch gekochte Haferflocken) gehalten. Nichtsdestotrotz gab es zu fast allen Zeiten reichlich zu essen und wer noch nicht gesättigt war, durfte in der Küche nachfragen. Für die Aktivitäten und auch die allgemeinen Dienste wie z. B. die Kieselsteinflächen mit gefühlt 10 kg schweren Eisenrechen zu bearbeiten gab es keinen Plan sondern aus heiterem Himmel die Vorgabe. Suzy im richtigen Leben Managerin im sozialen Bereich machte es sich zur Aufgabe, mich in mir verständlichem Englisch über die Aktivitäten zu unterrichten. Neben mir gab es noch als nicht Englischmuttersprachlerin die Laura aus Frankreich, die aber schon Jahre in Neuseeland lebte. Ein Grundprinzip von OB ist es, dass anstehende Aktivitäten so kurzfristig mitgeteilt wurden, dass gerade genug Zeit zum Aufrüsten war. So war dann auch als erstes ein Geländeorientierungsmarsch angesagt mit Übernachtung im Freien. Habe ich bei der Gelegenheit schon erwähnt, dass es gerade in der ersten Woche ausschließlich am regnen war? Was zu tun war oder die Einweisung in unterschiedlichste Aktivitäten erfolgt grundsätzlich sehr kompetent und freundlich durch unsere beiden Instruktoren Alice und Tristan. Und anders als im gefährlichen neuseeländischen Straßenverkehr (wo selbst den ungeeignetsten Personen ein Fahrlizenz oder Lizenz zum Töten zugestanden wird) arbeitet bzw. agiert man hier mit Netz und doppeltem Boden, so dass man wirklich keine Sorge um die eigene Sicherheit haben muss. Neben der Zeit des Lockdown in Gisborne, waren die Wochen bei OB die Sichersten überhaupt seit meinem Ankommen im Februar diesen Jahres. Auch wenn wir im Camp waren, wurde der Lunch (Mittagessen) in der Küche abgeholt und dann in der Gruppe verzehrt. In der Regel Toastbrot (Esspapier damit man keine fettigen Finger bekommt) mit Käse, Wurst oder anderen Aufstrichen. Dazu auch immer viel Obst, Kekse und oder Flatjacks.
Abends in der Schlafraum sah es aus, bzw. roch es bisweilen mehr nach Krankensaal als nach Unterkunft. So gab es ausnahmslos keinen in der Gruppe der nicht irgendwie am Salben, Pflastern oder am Tapen war. Der Muskelfaserriss den ich mir vor Wochen zugezogen hatte meldete sich und auch die Schultergelenke sprachen mir besonders nächstens und im Bett liegend, schmerzhaft zu. Bisweilen waren sich die Muskelgruppen aller Orten meines Körpers sich darin einig, nur noch in Ruhe gelassen werden zu wollen. Dann stand schon wieder Kieselaufharken auf dem für uns Teilnehmer unsichtbaren Plan. Vielleicht denk sich der eine oder andere wie in dem offenen 14-Leute-Schlafraum die Contenance gewahrt werden konnte, wenn Weiblein und Männlein auf so engem Raum zusammen hausen. War aber in diesem Klima der gegenseitigen Achtung und Rücksichtnahme überhaupt kein Problem. Die Orientierungsmärsche waren so angelegt, dass möglichst viele topographische Linien gesammelt wurden. Bei den dauernden Regenfällen, dem lehmigen Boden und dem Rucksack mit Übernachtungsgepäck und jeweils zwei Kanister Wasser mit 2 Liter Volumen (Ballasttanks), ein feuchtschmieriges Unterfangen. So war es auch nicht verwunderlich, dass die Kleidung von den meisten Watch- Mates (Gruppenmitglieder/innen) sich wie bei einem Oktopus, kontinuierlich dem Untergrund anglichen.
Dienste und Rüstzeiten zogen sich in der Regel bis in die Nachtstunden, so das man irgendwann dankbar war, in sein Bett mit grauer Decke über Plastikmatratze, Plastikkopfkissen und Schlafsack kriechen zu dürfen. Zumal der nächste Morgen ja wieder früh mit neuerlicher PT und weiteren Aktivitäten drohte. Selbstverständlich auch, dass gerade die gewichtige Gruppenverpflegung und gemeinschaftliches Material von den kräftigeren Mitgliedern der Gruppe getragen wurde. Immer wieder war ich angetan vom Leistungswillen bzw. Vermögen der weiblichen Gruppenmitglieder, zumal drei von ihnen wie ich zu den Ü50 zählten. Nicht als das ich der weiblichen humanen Spezies in irgendeiner Weise Leistungsvermögen absprechen möchte aber sie sind halt manchmal von zierlicherer Bauart als die männlichen Individuen. Besonders zu erwähnen auch mit welcher Kompetenz und immer einem freundlichen Lächeln Alice ihr Wissen über Kartenkunde und undigitaler Navigation vermittelte. Alice Naturell von einem lehrenden Menschen, hätte ich mir gerne für meine Schulzeit bei den dortigen Lehrerschaft gewünscht.
Immer wieder gab es aber auch ruhige Sequenzen, wo es um Selbstbetrachtung und Selbstwahrnehmung ging, mit Fragestellungen in der Gruppe oder für sich alleine. Einmal auch kurz und spontan die Aufgabe, über jeden in der Gruppe etwas in dessen Journal zu schreiben. Gerade habe ich die Seite noch einmal aufgeschlagen und sonne mich, in den Worten die mir meine Watch-Mates zugedacht haben. Dabei hoffe ich das die Worte aus meinem Herzen in gleicher Weise bei den ihnen angekommen sind.
Rechtes Bild, drei starke Frauen.
Nach einer harmlosen Einweisung in den Sicherheitsgurt ging es zunächst über einen niederen Übungsparcours, dann in die Bäume und den Hochseilklettergarten.
Weitere Tage folgten wo es auf einen rein natürlichen Kletterfelsen mit vier unterschiedlichen Steigen ging.
Wichtig zu erwähnen, dass man für die Übungen eine kompetente Unterweisung und auch weitere Unterstützung bekam aber gleichzeitig war auch klar, dass jeder überall durch (sich überwinden) muss.
Zur Abwechslung folgten dann Übungen auf dem Wasser und im Gebrauch von Kajaks. Bei der Gelegenheit lag der Schwerpunkt weniger darauf nett im Fjord zu paddeln, sondern Kopf über in der kalten Brühe unter dem Boot zu hängen.
Eine Übung auch, vom Steg mit dem Kajak ins Wasser zu stürzen, um im Anschluss von den anderen wieder ans Licht gehievt zu werden.
Weiter ging es dann für zwei Tage zum Kayaking auf einen kräftig strömenden Fluss, den man nach ausführlicher Unterweisung möglichst unfallfrei passieren sollte. Ich bin gleich mehrfach im Wasser gelandet und war damit wohl auch nicht allein.
Zum Abend hin Übernachtung in einer recht komfortablen Unterkunft von OB in den Wäldern. Die nächtliche Attraktion eine aufgelassene ehemalige Goldgrube mit riesigen Mengen von Glowworms an den seitlichen Steilwänden.
Große Menschen! Große Menschen erkennt man nicht unbedingt an ihre Körpergröße an äußeren Merkmalen. Manchmal erkennt man sie am Leuchten welches aus deren Seelenfenstern auf einem fällt oder an Gesten. Eine große Geste von Laura war es, dass sie nach ihrem Ausscheiden aus der Watch uns ein liebevoll präpariertes Packet geschickt hat. Der Inhalt S(h)nacks, einen Brief an alle und kleine Briefe jedem einzelnen gewidmet. Wir standen als Gruppe um das Packet versammelt wie die Kinder um den Weihnachtsbaum und ich glaube das ich nicht der Einzige war, der vor Rührung feuchte Augen bekam. Auch wenn unsere beiden aufmerksamen Instruktoren immer präsent waren wenn es darum ging anzuleiten oder Fähigkeiten zu vermitteln, lag der Focus immer auch darauf, dass sich die Gruppe selbst organisiert. Mit den vielen agilen Teilnehmern war ich immer in der Tätigkeit, aber gerne auch Beobachter um zu sehen, wo es Not tut sich einzubringen oder nach pragmatischeren Lösungsansätzen zu suchen. Nach der ersten Volldampfzeit fuhren wir für zwei Tage zu einem Bogenschießstand um in ehrenamtlicher Tätigkeit einzelne Parcours von Bewuchs zu befreien. Die Anfahrt führt uns durch die Weinregion von Marlborough-Region, wo in großem Stil Weinanbau betrieben wird. Sich als Volontär sprich ehrenamtlich in unterschiedlichsten Formen einzubringen, wird in Neuseeland sehr großgeschrieben. So war dieser Arbeitseinsatz darauf angelegt, das ehrenamtliche Engagement zu fördern. Das Ganze begleitet von trocknem warmem Wetter und einem unterhaltsamen Abend mit BBQ. Tristan ist begeisterter Bogenjäger und in diesem Zusammenhang vermittelte er auch seine Fähigkeiten im Bogenschießen. Anmerkung von mir, nicht nur in Neuseeland wird mit Pfeilen und Bogen, Jagd auf Hirsche oder Sauen gemacht, in jedem Fall sehe ich diese Form der Bejagung als die fairste als die Königsdisziplin im Jagen an.
Abends zurück in der Unterkunft die Mitteilung, wir sind für drei Tage solo im Busch. Wieder Rucksack packen bzw. umpacken, diesmal mit Einzeltarp, Minimalverpflegung (Möhren, Äpfel, Nüsse, Flatjacks), Wasser und Poobuket (Schei…eimer äh Toiletteneimer). Mit einbrechender Dunkelheit in den Bush und nach gut einstündiger Wanderung im Dunkeln das Tarp und den Übernachtungsplatz aufbauen. Nicht zu vergessen auch einen reizvollen Platz für den Poobucket zu finden. Alle Watch-Made sind in Hör- aber nicht in Sichtweite und man darf sich nicht mehr als zwanzig Schritt von dem zugewiesenen Platz entfernen. Die Sonne scheint gnädig auch nach zwei weiteren folgenden Übernachtungen auf uns Waldmenschen herab. Ich genieße die Zeit der Ruhe und Stille an dem kleinen Wasserlauf ganz und gar. Wegen der dichten Farnbäume ist von meinem Platz aus vom Sternenhimmel nicht viel zu sehen, dafür ist die Glowwormshow tausender Individuen den Wasserlauf säumend umso beeindruckender.
Auch wenn es mich jedes Mal Überwindung kostet, nutzte ich den Poobucket für sämtliche großen und kleinen Geschäfte. Wirklich erstaunlich, was da so für ein Sch… zusammen kommt.
Einmal am Tag kam jemand vorbei und fragt nach dem Wohlbefinden.
Man darf die Zeit auch dafür nutzen Briefe zu schreiben oder für seine Watch-Mates ein Geschenk zu kreieren.
So bleibt immer noch viel Zeit über Sinn oder Unsinn des eigenen Lebens nachzudenken.
Oder darüber welches Tier einem riesenbohnengroße Köttel in der Nacht neben den Schlafsack gelegt hat.
Nach dem Einzel zurück im Quartier die nächste Herausforderung, wir machen eine Expedition in die Berge mit zwei Übernachtungen. Wieder ohne Ende das Kreuzen von Höhenlinien um dann letztendlich über die Skyline von nebelwaldbedeckten Bergen zu laufen. Die langgezogenen wegfreien Aufstiege sind selbst für erfahrene Wanderer eine anstrengende Angelegenheit. Wolkenbänke driften in gespenstischer Atmosphäre in die malerischen sattgrünen bärtigen Bäume und sorgen für kühle Temperaturen. Übernachtung auf einem freien Plateau mit heftigen Windböen und Nachts einsetzendem Regen. So ist zwangsläufig über die Nacht für viel frische Luft in den beiden Gruppentarps gesorgt.
Auch den darauffolgenden Tag bleibt uns der böige Wind erhalten mit dem Unterschied, dass der leichte Regen der Nacht sich über den Tag zum Dauerklatschregen auswuchs. Nach kurzer Zeit haben sich die Wanderstiefel voll Wasser gesogen und bei der Durchsicht meines Rucksacks musste ich feststellen, dass die eigentlich trockenen Anziehsachen in meinem Rucksack trotz separatem Plastiksack auch durchnässt waren.
2. Übernachtung auf einem Camp-Side (unbewirtschafteter Camping- oder Biwakplatz mit überdachtem Unterstand) zum Essen machen und sitzen, sowie Toilettenanlagen. Dankbar nehme ich einzelne trockene Kleidungsstücke von den Watch-Mates an, um mich dann kurz nach dem Abendessen in den Schlafsack zurück zu ziehen. Den nächsten Morgen dann wieder in die nassen Socken, die durchweichten Schuhe und in die nasse Hose. Es bleibt den nächsten Tag trocken und so folgte zum Abschluss eine entspannte Wanderung mit leichtem Gepäck auf dem Queen Charlotte Sound Track. Als kostenlose Zugabe zu unseren Aktivitäten gab es herrliche Natur, vielstimmigen Vogelgesang, weite Ausblicke und Begegnungen mit den Bushbewohnern wie z. B. dem Weka. Ein flugunfähiger Vogel ähnlich den Kiwis, aber tagaktiv, deutlich vermehrungsfreudiger und damit weniger gefährdet als die Kiwis.
Der Purpurfingerhut heißt im englischen Foxgloves (Fuchshandschuh).
Unnötig zu erwähnen, dass es bei den v. g. Aktivtäten nicht ohne Blut, Schweiß und Tränen abging.
So waren blaue Flecken, Stacheln in den Fingern, abgebrochene Fingernägel oder sonstige angeschlagene oder zerkratzte Extremitäten keine Vorgabe von Outward Bound aber quer durch die Sheppard Watch (meine Gruppe) an der Tagesordnung.
Gut, dass Joseph neben vielen anderen Dingen, für uns alle den wasserdichten Sack mit dem Verbandszeug mitführte.
Nächtens im Quartier oder auch an den wechselnden Biwakplätzen sprachen regelmäßig meine Schultern zu mir, denen das Kayaking nicht bekommen war.
Man ist halt nicht mehr der Jüngste, wobei es in einer anderen Gruppe noch den Paul aus Wellington gab, der 6 Jahre älter war.
Die Essenszeiten (Breakfast und Dinner) wurden, sofern man im Camp war, immer vom gleichen Ritual begleitet. Die Gruppe welche Küchendienst hatte, läutete die Glocke und man war angehalten, sich als Gruppe vollständig und schweigend vor dem Speiseraum einzufinden. Danach schweigender Einmarsch und während zum Frühstück eine Gebet in Maori gesprochen wurde, verkündete Abends der Küchenchef die Speisenfolge Auch zu dem Ritual gehörte es, dass ein Text aus dem OB-Journaltextsammlung vorgelesen wurde. An einem separaten Tisch bei den gemeinschaftlichen Essen mit dabei, die Instrukteure und ihre Familien. Die Instrukteure wohnten in unmittelbarer Nähe zu den Unterkünften der Studies und so war es nicht verwunderlich und mithin erfreulich informell, dass Tristan eins seiner beiden Kinder zum abendlichen Meetings bzw. Informationsaustausch mitbrachte. Die Botschaft, sich mit seinem/en Kind/ern, etwas was einem lieb und wert ist, in den Kreis mit eigentlich fremden Menschen zu geben bedeutet unausgesprochen, ich komme in Frieden. Diese wundervolle Geste gilt bisweilen nicht nur in Menschen- sondern auch in Tiergesellschaften. Zurück von der "Expedition" war Abends im Quartier wieder Kiesel aufharken dran und es gab den Hinweis, Seesack packen wir stechen nächsten Tag in See bzw. den Queen Charlotte Sound. In dem Zusammenhang auch erwähnenswert, dass für die vielen unterschiedlichen Aktivitäten im Regelfall, wirklich hochqualifiziertes Material von OB zur Verfügung gestellt wurde. Dazu noch der Hinweis, dass der dreiwöchige Masterkurs bei OB ca. 3000 Euro kostet. Dies ist für mein Gefühl und für den Aufwand der hier betrieben wird, eine sehr günstige Kursgebühr, die nur durch die vielen Geld- und Sachspenden von Unternehmen und privaten Sponsoren in NZ zu rechtfertigen ist. Die Kultur der Kiwis sich praktisch oder finanziell, mit ehrenamtlicher Arbeit oder Spenden zu engagieren, ist sehr ausgeprägt und genießt natürlich mein absolutes Wohlwollen. So wie bei vielen besonderen Attraktionen die ich in der Vergangenheit besucht habe, kein Eintritt sondern eine Spende verlangt wurde. Die Interwalle mit kurzen Rüstzeitvorgaben, immer wieder neue Umstände und Anforderungen, erinnerten mich an meinen Dienst bei der Feuerwehr und bedeuteten viel Abwechslung. Während ich bei den Wander- Kletter- und Kayakingeinsätzen gut zurechtkam, bereitete mir die “Seefahrt“ mehr Mühe. Auch wenn um das knapp 10 Meterschiff viel frische Luft und offenes Wasser war, so fühlte ich mich auf dem Boot mit den vielen Menschen wie im Gefängnis. Das wurde auch beim Segeln nicht besser und schon gar nicht als der Wind ausblieb und wir wie Galeerensklaven am Rudern waren. Da nützte es auch nicht, dass ab und an mal eine Delfinschule vorbeischaute oder der Queen Charlott Sound in seiner ganzen Pracht erstrahlte. Auch die zu verwendenden Poobucket (Schei… eimer äh Toiletteneimer) brachten für dieses Gefühl keine wirkliche Erleichterung. Während Instrukteurin Alice das Beiboot den Motorkutter Kurt Hahn steuerte, kam Instrukteur Tristan zu uns an Bord, um uns die Grundsätze des Segels bzw. die Handhabungen und die Kommandos erläuterte. Auf Zuruf eben noch die Segelkommandos in Englisch zu lernen war dann ein weitere Überforderung. Bewährt hat sich dabei einzig und allein darauf zu schauen, was die anderen Mitglieder der Segelcrew so veranstalteten und auf den gesunden Menschenverstand zu vertrauen. Nach der Unterweisung ging Tristan wieder zurück auf den Motorkutter, um unsere Segel- Ruderei auf die Distanz zu beobachten.
Wie die Ölsardinen verteilten wir uns in der erste Nacht auf dem Boot, in einer ruhigen Bucht vor Anker. Vermutlich war ich nicht der Einzige, der den Morgen herbeisehnte. Während mir der Windbeim Radfahren schon sehr oft und übel mitgespielt hatte, glänzte er den darauffolgenden Vormittag durch Abwesenheit, was wiederum Geleerendienst bedeutete.
Ein besonderer Programmpunkt, den Besuch der Endeavour Bucht mit Monument an dessen Platz sich Cook erstmalig mit den dort siedelnden Maoris an Land traf. Alles ausgeschmückt mit besonderer Atmosphäre, herrlicher Natur und gepflegten Toilettenanlagen. Gerade den Letzteren wurde von allen Crewmitgliedern mit besonderer Wertschätzung zugesprochen.
Entspannter wurde es zum Nachmittag als dann doch etwas Wind aufkam und wir gegen Abend in einer Bucht ankern und zum Übernachten an Land gehen durften. Dabei war es dann wieder eine meist stille Übereinkunft, das einzelne die Gemeinschaftstarps und Zelte aufbauten, während andere sich daran gaben ein Lagerfeuer zu machen oder auf den Spirituskochern das mitgeführte Essen für das Dinner zuzubereiten.
Der 3. Morgen ging zunächst mit Regenschauer, dann Regenbogen und danach Flaute einher. Alles in allem wenig geeignet meine Begeisterung für den Segelsport zu wecken. Als wir dann den Nachmittag zurück nach Anakiwa kamen, verspürte ich nur wenig Trauer, dass nun das Segelabenteuer mit dem Großreinemachen zum Abend hin zu Ende ging.
Habe für mich selbst versucht zu analysieren, was mir so gegen den Strich gelaufen ist. Das soll aber keine Entschuldung sein für meine Ausdrucksweise, die ich wohlweislich auf dem Boot in deutscher Sprache formulierte. Eines ist sicherlich, dass ich meine Ziele möglichst auf direktem Weg erreichen will und nicht stundenlang zu kreuzen (Umwege zu machen). Das mit dem Rudern hat mich eher auch in psychologischer Hinsicht überfordert, weil ich vielleicht in der Vergangenheit zu lange verurteilt war, einen Takt (Lebensrhythmus) zu rudern, der mir übergestülpt wurde . Stunden still zu sitzen mit einem Tampen in der Hand, gehört auch nicht zu den von mir bevorzugten Fortbewegungsarten. Dann zwischen dem Großreinemachen eine weitere Ansage für den Folgetag. Beginn mit minimalistischem Frühstück um 06.20 und dem sollte anschließend ein Halbmarathonlauf folgen. Vermutlich habe ich da was nicht richtig verstanden so mein Gedanke. In meiner Jugend und trainingshalber war ich in dieser Distanz schon Mal unterwegs gewesen und damit gings es mir wohl nicht anders als den meisten Mitstreitern/innen. Zu meiner rechten Wade, der ich immer wieder gut zuredete, gesellte sich den Morgen als weiteres Handicap, die schmerzender rechte Schulter. Immer noch in den Nachwehen vom Kayaking wusste ich für sie beim Laufen keine Haltung zu finden, mit der sie sich wohlfühlte. Nach den Tagen auf dem Boot und ohne viel Bewegung liefen nicht nur meine Beine, sondern auch mein Verdauungstrakt zur Hochform auf. (Schon wieder dieses …..thema!) Weil ich den Hinweis auf die Toilette an der Laufstrecke falsch verstanden hatte, war ich auf halber Weg genötigt dem inneren Druck nachzugeben und mich in die Büsche zu schlagen. Letztlich kam ich nach den letzten quälenden Kilometern mit einer für mich annehmbaren Zeit ins Ziel. Meine Devise war sowieso eher, dabei sein ist alles! Auf der letzten Wegstrecke, machte mir wiederholt wie zu Beginn der ersten Woche in Anakiwa, ein schwarzes Fantail seine Aufwartung. Ich liebe sie! Nach kurzer Erholung im Anschluss an den Lauf, ging es dann wieder einmal in die kalte Salzlake des Fjordes.
Weil man den Tag ja nicht wirklich was geleistet hat, wurde Nachmittags wieder gerecht und auch die Grünflächen von dem Laub des letzten Winters gereinigt. Nach dem Lauf vom Vormittag, betonte gerade das Bücken in hervorragender Weise, dass körperliche Wohlbefinden in Beinen und Hüfte. Schließlich will man den Tag auch nicht verstreichen lassen ohne ein bisschen was geleistet zu haben und mit weiteren Reinigungsdiensten neigte sich der letzte volle Tag in Anakiwa scheinbar seinem Ende entgegen. Zu beobachten quer durch alle Gruppen, dass sich die meisten Leute sehr verhalten bewegten und bisweilen dabei einzelne Extremitäten etwas undynamisch nachgezogen wurden. Für den weiteren Abend hatte jede Gruppe die Aufgabe, eine Performance einzustudieren und im großen Meetingraum neben dem Speisesaal vor den anderen Gruppen aufzuführen. So gab es viel Spaß mit den einzelnen Watch und den Themen rund um das Erlebte der vergangenen Wochen. Nach der Zeit mit den anderen, ein weiteres Treffen der Sheppard Watch im Dunkeln draußen auf dem OB Gelände. Wieder eine von vielen sehr persönlichen Austauschrunden und Gelegenheit, um über die eigenen Eindrücke und Gefühle der vergangenen Tage zu sprechen. Das Ganze begleitet von unseren sympathischen Instrukteuren und heißer Schokolade mit Plätzchen. In diesem Zusammenhang noch ein Nachschlag zu dem dreitägigen Solo im Bush. Nachdem wir aus dem Wald zurück waren, wurden die Poobuckets (Toiletteneimer) unter Einsatz aufwendigster Schutzkleidung, in einem Reinigungsritual in der hauseigenen “Schokoladenfabrik“ von Anakiwa wieder einsatzbereit gemacht. Nicht jedoch, ohne dass die einzelnen Eimer zuvor gewogen wurden. Nicht ohne Stolz (zumal ich den Sch… auch noch anderthalb Stunden von unserem Soloerlebnisplätzen ins Camp tragen musste) nahm ich dann in der letzten Runde des letzten Abends, den zweiten Preis (Tasse Kakao mit was Schokoladigen drin und alles farblich abgestimmt auf den Eimerinhalt) für 7 kg an gesammelten Fluiden und Feststoffen entgegen. Vielleicht noch eine Randbemerkung zur Nahrungsaufnahme, es gab drin wie draußen immer reichlich Essen und auch süße Snacks, denen allgemein gut zugesprochen wurde. Dabei erfuhren auch Vegetarier und Nahrungsmittelallergiker ihre Wertschätzung. Trotzdem sind es mit Sicherheit nur sehr wenige Kursteilnehmer die nicht mit schlabberndem Hosenbund, Anakiwa den Rücken kehren. Besonders reichlich wurden wir im Außenbereich mit Esspapier (dem Kiwitoastbrot) versorgt. Habe in diesem Zusammenhang mal laut die Hypothese aufgestellt, dass Kiwis eigentlich die quadratischen weißen Bögen überhaupt nicht mögen. Und sie nur deshalb Verwendung finden, damit man sich an Wurst, Käse oder den weiteren Soßen und Beilagen, sich nicht die Finger schmutzig macht. Ob es nun wirklich so ist oder ich nur aus Höflichkeit keinen Widerspruch erntete, lässt sich an dieser Stelle nicht mehr ausmachen. Eine besondere Erwähnung hat in diesem Zusammenhang auch Suzy verdient, die uns als Gruppe über den gesamten Zeitraum, mit mitgebrachten oder von ihrer Familie zugesandten S(h)nacks verwöhnte. Auch der letzte Morgen begann mit einer unterhaltsamen PT, angeleitet von Tristan. Und selbstverständlich war anschließend auch wieder untertauchen in der Salzbrühe dran. Zum Unterschied heute, dass man anschließend warm abduschen durfte und sich trocken und sauber kleiden konnte.
Nach dem morgigen Küchendienst ging es dann wieder weiter mit dem Herrichten und Fertigmachen unseres Quartiers für die nächsteintreffende Gruppe. Danach wieder wie zum Beginn der Zeit im OB, aufstellen im großen Kreis auf der Wiese mit den Flaggen. Mit persönlichen Laudation an ihre Watch, verabschiedeten sich die Instrukteure und auch die Teilnehmer aus den Gruppen durften Worte für das Erlebte zum Ausdruck bringen. Gegen die Schüchternheit ankämpfend hatte ich mich dann doch noch gemeldet. Meine Aussage, die Zeit in Anakiwa und bei Outward Bound gehört zur Besten, die ich in NZ erlebt habe. Und dabei wusste ich im Februar als ich in Auckland landete noch nicht einmal, dass es diese Organisation gibt oder wie das Wort geschrieben wird. Und wenn im Januar die Rückkehr bevorsteht, um mich der Challenge (Herausforderung) eines neuen Lebens zu stellen, will ich das Erlebte und alle Menschen in diesem Kreis, in meinem Herzen mit nach Deutschland tragen. Zum Schluss auch noch einmal Wertungsbogen und Beurteilungen von unseren wunderbaren Instrukteuren, die mich sowohl emotional als auch in Bezug auf meine Englischkenntnisse überforderten. Einfach nur traurig, musste ich beim Abschied von den liebgewonnenen Menschen viele kleine Tod sterben.
So neigten sich die Zeremonien und der Vormittag dem Ende und es ging wieder mit der gecharterten Fähre zurück nach Picton. Zum Abschied und winkender Weise sprangen unsere Instruktoren neben der ablegenden Fähre für uns Teilnehmer in die kalte Brühe. Für mich die Botschaft dahinter, wir gehen für euch ins Feuer (oder kalte Wasser). So auch zuallerletzt noch ein feuchter Beweis dafür, wieviel Wertschätzung uns durch die Mitarbeiter von OB entgegengebracht wurde.
Noch ein kleiner Nachschlag ganz zum Schluss. Im Vorfeld unserer verschiedenen Aktivitäten und Abenteuer hatte ich bisweilen das Bedürfnis für die Gemeinschaft um den Segen des Allerhöchsten zu bitten. Es hat mich sehr gefreut, dass mir dieses Bedürfnis zugestanden wurde und ich im Kreise unserer Watch für alle in deutsch beten durfte. Im Grunde genommen sind die Ziele und Werte die OB vermitteln möchte, zutiefst auch christliche Vorgabe und Wertmaßstab.










































































































































































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