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Prüfungszeit oder von Hamilton nach Pukekohe

  • drehknoepfle
  • 20. Sept. 2020
  • 5 Min. Lesezeit



Meine Mama würde zur heutigen Situation sagen, „häsch-äs selber so ha welle“. (das wolltest Du doch selbst so haben). Scheinbar weniger frei gewählt sind Lebensprüfungen, wie sie gerade eine Frau durch ihre Erkrankung in meiner Gemeinde erfährt. So wie ich sie mit meinen Gedanken begleite, so reist sie in meinen Geschichten und Bilder mit mir. Mir ist das gleichzeitig Freude und Ansporn in meiner anarchistischen Prosa, wider jeder grammatikalische Vorgabe, nicht zu schwächeln. Vielleicht in dem Zusammenhang noch Mal den Hinweis der Artikel “Outing“, in dem ich zu meinem Unvermögen gegenüber der deutschen Rechtschreibung Stellung beziehe. Aber zurück zum heutigen Tag! Der Abschied von meinen Gastgebern ist mir Mal wieder sehr sehr schwergefallen. Ist eigentlich verrückt, man wächst tausende Kilometer entfernt in unterschiedlichen Kontinenten auf, unterschiedlichste Sprache und Kultur, vollkommen fremde Menschen und ist in einem fremden Land unterwegs. Um sich dann als Schwestern und Brüder und als Freunde zu finden, verbunden auch durch den Glauben an den einen Vater. Unabgesprochen tauschten wir morgens noch Abschiedsgeschenke aus und nach dem Abschiedsbild vor dem Haus musste ich mich dann schnell auf den Weg machen, da schon jemand neues auf mich wartete. Die Kiwiwetterfrösche hatten für den heutigen Tag nicht viel Gutes verheißen, aber es kam schlimmer. Noch im Schutz der Häuser fauchte mir der Nordwind heftig ins Gesicht. Das war wiederum nur der Auftakt für weitere böige Attacken, nachdem ich den Schutz der Stadt hinter mir gelassen hatte. Die nun folgende monotone Farmlandschaft bot weder meinen Augen noch dem wild auf mich zu galoppierenden Winden einen Widerstand. Und wie im Vorfeld von den meteorologischen Amphibien bereits angedroht, gesellte sich zum stürmischen Wind auch noch der Regen. Sehr romantisch hatte ich es mir vorgestellt dem Verlauf der Waikato River zu folgen. Jetzt peitschten Sturmböen über den sonst gemächlich daher sabbernden weitläufigen Wasserlauf und erzeugten lustige Schaukrönchen, wie sonst auf Meeresoberfläche.



Nachwuchsspielerinnen der höchsten neuseeländischer Milcherzeugerliga. Was hilfts, also den Kopf einzuziehen und mit Rennstahl kleine Gänge zu fahren, schließlich bestand die heutige Wegstrecke nur aus 90 km und an die 700 Höhenmeter. Das machen die Profis von der Tour de France in einer halben Stunde. (sagt Martina) Sicherlich merken die, voller Adrenalin gepumpt (oder was sonst noch?) auch nichts vom schlechten Wetter. Nicht verwunderlich war es, das schon vor der Mittagszeit die Füllstandsanzeigen in meinen Fahrradschuhen beide rot anzeigten, also voll. Unterwegs in dem Ort Huntley gab es ein Fachgeschäft für energiereiche Nahrungsmittel (MacDonald) und sicherlich wäre es doch auch trocken und warm gewesen aber gegen 11.30 war es noch viel früh zum Pausieren. Auf dem Gottseidank kurzen Stück über die SH1, wurde auch mal wieder die karmische Geschichte der neuseeländischen Kraftfahrer, im Zusammenhang mit den Nagelbrettern im Mittelstreifen deutlich. Suchten sie doch ängstlich und Gischt niesender Weise beim Passieren meine Nähe. So bestanden die Pausen heute aus kurzen und scharfen Boxenstopps. Anhalten, Lenkertasche aufreißen, Sandwich entnehmen, schnell Deckel schließen, weil die sonst auch vollläuft, Pausenbrot einwerfen, ein paar Schlucke Wasser hinterher und dann weiter.



Nach mehr als der Hälfte der Wegstrecke wechselte wohl nicht die Farbe vom Straßenbelag aber die in meinem Gesicht. So löste sich der feste Fahrbahnbelag unter meinen Rädern mal wieder auf und zurück blieb hässlicher Graewelroad. Für mich nicht nachzulesen, hielt dieser Umstand zum Glück nur wenige Kilometer vor und auch der Wind kam jetzt öfters von links (von Westen) als von vorne .

Nach hügeligen Farmland folgte ich der Ebene des Waikato Rivers und im letzten Drittel des Weges taten sich die geliebten Berge wieder vor mir auf.



Und an der Bücherei war ich auch wieder zur falschen Zeit! Was sich bei den meist randstreifenlosen Nebenstrecken wieder bewährt hat war, einen auf dicke Hose (oder dicke Packtaschen?) zu machen. Je raumgreifender ich unterwegs war, desto mehr Sicherheitsabstand wurde mir von den anderen Verkehrsteilnehmern gewährt. Zwischendurch gab es wie im Fernsehen kurze Werbeunterbrechungen z. B. für Wahlwerbung.


Ich meine den letzteren Slogan schon irgendwo Mal gehört zu haben. Je nach dem Standpunkt des Betrachters ist Neuseeland ganz weit weg oder mitten im Herzen der Welt (ja ich weiß Köln auch) und auch wichtiger Mitspieler im weltweiten Handel. Politisch vollkommen unbegabt habe ich erfahren, dass die Kiwis ihre landwirtschaftlichen Erzeugnisse bald zu 100 % ausführen. Das sie auf technische Produkte aus Asien, Europa oder Amerika angewiesen sind, kann man an jeder Straßenecke sehen. (Selbst mit der pseudoneuseeländischen Automarke Holden (General Motors) aus Australien ist dieses Jahr Schicht) Und neben meiner gewichtigen Person (mit Fahrrad und Gepäck) und ohne Lockdown sind es jährlich 4 Millionen Touristen, die sich neben 5 Millionen Kiwis tummeln. Denke das handeltreibende Staaten wie ein Räderwerk ineinandergreifen, als das ein Rädchen unbeschadet festlegt, ich drehe statt nach links nur noch rechts. Dabei darf man sowieso getrost davon ausgehen, das ethische oder christliche Werte im weltweiten Handel eher eine untergeordnete Rolle spielen. Da gibt es nur gute oder schlechte Geschäfte! Kleines Exempel! Wenn man z. B. so als ganz normaler Waffenhändler irgendeinem korrupten ausgehungerten Entwicklungsland auf dieser Welt Landminen mit 500% Gewinn verkauft, dann war es ein gutes Geschäft. Auch wenn mir der Ware vielleicht noch nach Jahrzehnten, Kinder beim Spielen verstümmelt oder getötet werden. Tschuldigung abgeschweift, also frage ich mich wie weit denken Menschen, die auf solche Parolen anspringen. Nach dem bergigen Streckenabschnitt traf ich auf unübersehbare Ackerflächen die für den Gemüseanbau kultiviert wurden und deren Böden tief, fett und schwarz glänzten.



Vermutlich inspiriert von diesem Anblick war das auch der Zeitpunkt, wo ich den tasmanischen Tiger, sprich die Cadbury Schokolade mit Black-Forest-Geschmack aus der Lenkertasche holen musste. Dann nach Regen, Sturm, Graewelroad, zahlreichen Steigungen und später sogar mit einzelnen Sonnenstrahlen und etwas Rückenwind, kam zu guter Letzt auch die ca. 20 tausend Einwohner zählende Stadt Pukekohe in Sicht.



Ein hübsches Gartenhäuschen war fürs Wochenende meine Bleibe und nach Dusche und Nickerchen, sorgte ich innerhalb der heimischen Gastronomie (in der Wirtschaft) für gewaltig steigende Umsätze.



Und was trägt die modebewusste Kiwifrau im Frühjahr? Eine erste Besichtigung galt dem örtlichen Bahnhof der fast ausschließlich aus einer monströsen Brücke für die Fahrgäste bestand. War unmittelbar an den nächsten größeren Bahnhof von meiner Wohnstatt, den in Opladen erinnert. Vielleicht mit dem Unterschied, dass es einem mit Dach nicht ins Kreuz regnet, keine verrottenden Fichtenhölzer verarbeitet wurden, der Aufzug funktioniert und dazu mehrere gepflegte Toiletten vorgehalten wurden. Nach dem Einsteigen in die Letztgenannten und der elektromischen Verriegelung wurde ich von einer freundlichen Stimme darauf hingewiesen, dass man nun bis zur automatischen Entriegelung 10 Minuten Zeit für seinen Sch…. hat. Vermutlich schon manch schwerer (Stuhl)Gang wurde in dem edelgestählten Entsorgungszentrum von leichter Musik begleitet heruntergespült.



Auf den sonntägliche Gottesdienst musste ich wegen der von Auckland ausgehenden Restriktionen verzichten. So gilt zurzeit im Großraum Auckland die Alarmstufe 2,5 mit einem Versammlungsgebot bis max. 10 Personen.



Zum Schluss noch einmal der Hinweis, ich bin nicht vollkommen. Ihr dürft mich also kritisieren, verbessern, zurechtweisen oder wenn Dinge von mir ungenau beschrieben sind, nachfragen. So ist der Blog keine Einbahnstraße sondern darf in beide Richtungen befahren werden.

 
 
 

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