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Tage in Gisborne oder vom Fahrradnomaden in die hoffentlich temporäre Sesshaftigkeit

  • drehknoepfle
  • 3. Apr. 2020
  • 17 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 23. Apr. 2020



Die östlichste Stadt von Neuseeland erhebt für sich den Anspruch, dass sie die erste städtische Siedlung im Erdenrund ist, die an jedem neuen Kalendertag, von den Strahlen der aufgehenden Sonne zuallererst liebkost wird. Sofern sie sich natürlich nicht hinter den Wolken versteckt.

In der Stadt am späten Nachmittag angekommen, war mein erstes Ziel die Hauptdienststelle der Polizei.

Und natürlich is klar, geschlossen wegen Covid 19.

Danach bin ich erstmal etwas unmotiviert, durch die von geschlossenen Geschäften, Cafés, Hotels und Restaurant gesäumten Straßen der Innenstadt gefahren. Das schicke Visitor Center auch dicht. Eine Passantin meinte auf meine Frage nach offenen Unterkünften, am Ende der Straße in der Nähe des Strandes wäre doch ein Holiday Park. Meine Hoffnung auf Quartier währte nur so lange, bis ich vor den verschlossenen Türen der Rezeption stand. Nun schon etwas beharrlicher, fragte ich eine junge Frau nach Unterbringungen, die augenscheinlich zum Personal der Anlage gehörte. Nein, auch hier wäre alles dicht und keine Gäste mehr auf dem Platz. Im Vorfeld hatte ich schon Mal in meiner “Not“ versucht die Polizei (105) anzurufen und war aber bei einem Blechidiot (Sprachcomputer) gelandet, der mir nicht wirklich weiterhelfen wollte. Die junge Frau tat nun Gleiches nur mit mehr Erfolg als ich. Wenn sie auch immer angerufen hatte, nach einiger Zeit kam sie aus dem Büro und überreichte mir einen Ausdruck mit Übernachtungsobjekten in der Region. Diese waren wohl durch die Sicherheitsbehörden ausgesucht und legitimiert worden, Gäste aufzunehmen. Nach einigem Zögern entschied ich mich für ein Motel, dass radläufig innerhalb von 10 Minuten zu erreichen war. Der freundliche Mann an der Rezeption erklärte mir, dass ich mich auf höhere Weisung hin (Selbstquarantäne), für die nächsten zwei Wochen, in dem komfortablen aber wenig preiswerten Etablissement mit kaltem Pool einbuchen musste. (Da wünscht man sich sofort zurück nach Stinke-Rotorua aber mit heißem Thermalwasserpool.) Dafür würden auch täglich die Hand- und Badetücher gewechselt und einen Roomservice gäbe es auch täglich. Ja, dann!!! Das tägliche Bettenmachen oder Schlafsackausschütteln der letzten Wochen hatte mich doch schon ziemlich zermürbt. In einem Supermarkt auf derselben Straße und nur 600 m weiter, habe ich noch am gleichen Tag erst einmal Kaufrausch betrieben. Alles was die letzten Wochen nicht zuzubereiten, zu verderblich, zu viel, zu umständlich, usw. usw. war, habe ich gekauft und nur mit Mühe und einer leergeräumten Packtasche und dem Rucksack, noch transportiert bekommen. Ausgestattet mit Herd, Backofen und Kühlschrank konnte ich endlich mal wieder richtig Gas geben.


Der Liquor Shop etwa auf halben Weg zum Supermarkt war auch geschlossen. Was die sich wohl bei so einer Maßnahme gedacht haben, nun muss ich auch noch ohne harte Sachen über die schwere Zeit kommen. Was mich persönlich in diesem Zusammenhang besonders schwer getroffen hat war die Tatsache, dass die ortsansässige Harvest Cidery auch dicht ist. Wäre doch die Möglichkeit gegeben gewesen, sich von Fachmann zu Fachmann einmal über die Apfelweinbereitung zu unterhalten. Welche wertvollen Erfahrungen hätten bei dieser Gelegenheit, den Wissensschatz der Menschheit bereichern können. Dieses von der Hand in den Mund zu leben entspricht halt so gar nicht meinem Wesen. (Wenn man noch nicht mal das Equipment und das Zubehör für die Herstellung eines einfältigen Flammkuchens (mit Lauch und geräuchertem Schinken) bei sich haben kann) Trotzdem oder gerade deshalb eine gute Übung. Dank meiner an Gisborne angetackerten Gesamtsituation und des guten WiFi im Motel, ist nun auch ausgiebig eingeräumte Zeit, zum Schreiben und zur Kommunikation, oder was sonst noch dran ist……... Darüber hinaus aber auch Zeit, fahrradambulant die Region zu erradeln und zu entdecken. Besonders erwähnenswert der im wahrsten Sinne des Wortes wirklich kilometerlange saubere, bis auf natürliche Ingredienzien (staune immer wieder selbst über mich, was mir für Fremdwörter einfallen, von deren Bedeutung ich eine vage Idee habe und noch seltener weiß, wie sie geschrieben werden) wie Treibholz, Muscheln, Seetang, usw., Strand.





Komische Begegnung am Strand. Ein Ehepaar in meinem Alter hielt sich mit ihren Mountainbikes und ihrem Jungen am Strand auf. Der Sohn hatte eben noch mit einem Jetboot durch die Brandungswellen getobt ist. Nach einem kurzen Smalltalk (der funktioniert bei mir ganz gut) fragte mich der Junge, wo ich den herkäme. Nachdem ich ihm erzählte, dass ich aus Germany bin, sprach er in gutem Deutsch weiter mit mir. Auf meine Frage hin woher er den so gut meine Sprache könnte meinte er, meine Eltern sind doch Deutsche. Sie erklärte dann stolz in Deutsch, dass sie in Aachen, also in der Nähe von Köln studiert hätte. Alles ich dann auf einen entspannte Deutschmodus umschalten wollte, redeten die beiden weiterhin verbissen Englisch mit mir. ??? Bin dann weitergezogen zumal, von dem netten Jungen einmal abgesehen, fand ich das Dreigestirn auch nicht sehr sympathisch.

Hamsterfahrt

Nachdem mir das Städtchen Gisborne mit dem Minihochseehafen und die drumherum liegenden Wohngebiete habhaft geworden sind, zog es mich nun auch mehr in die Tiefe, dieser meist topfebenen Bucht. An der Schnittstelle der Bucht zum Pazifischen Ozean kuschelt sich die Stadt mit Blick auf das Meer zur Linken an eine Berg- oder Hügelkette und im Rücken erstrecken sich weite fruchtbare Flächen, an denen sich eine Ostplantage an die Nächste reiht. So ein bisschen wie das Ahrtal was geschützt durch die Eifel ihr eigenes Klima entwickeln konnte. Eingegrenzt werden diese landwirtschaftlichen Güter teilweise durch grüne Wände aus Pappeln, Koniferen, Kiefern und diversen anderen Baumarten deren Name ich nicht kenne. Gemein ist allen, die teilweise fast endlos erscheinende Länge und die Höhe von 8- 10 m. Zur Pflege dieser Hecken werden auch spezielle Maschinen angeboten, die ein unfallfreies Arbeiten in diesen Höhen zu lassen. Die Höhe für mich nicht nachvollziehbar, weil die dahinterliegenden Plantagen je nach Ausrichtung, nur bei Sonnenhöchsstand im Dezember, an eine stundenweise Sonneneinstrahlung gelangen können.


Wenn man sich die Art der Bepflanzung genauer betrachtet, so finden sich Kiwi, Kaki, Oliven, Avocados, alle Arten von Citrusfrüchte, Äpfel, Birnen,(Nashi-Birnen), Pfirsiche und im Besonderen Weinreben. Auf die Erzeugnisse von den Letzteren, nämlich dem Wein, wird man egal von welcher Seite man in die Stadt kommt, durch großflächige wetterfeste Hinweistafeln verwiesen. Eigentlich etwas vergleichbar mit der Kölner Bucht, die fruchtbar gelegen, sich an Bergisches Land, Siebengebirge, Westerwald und Eifel anlehnt. (Wobei man den in früheren Zeiten in Köln angebauten Wein das besondere Prädikat “suuren Hungk“, also sauren Hund verliehen hat) Nur das dem Reisenden, wenn er denn die lieblichen Kölner Auen verlassen, den Dom im Rücken, nicht der türkisfarbene Pazifik mit seinem herrlichen Wellenspiel seine Aufwartung macht, sondern Düsseldorf. So ist es hier natürlich nicht der Rhein, der begeistert den engen Felsklüften der Loreley entkommen danach sucht, in dem sich weitenden Tal mehr Raum für sich zu schaffen. Hier sind es der Waipaoa River gegenüber von Gisborne sowie der Waimata und der Taruheru die sich in der Stadt sehr malerisch in die Poverty Bay ergießen. Die neuseeländischen Farmer sind nicht nur sehr geschäftstüchtig, was den Anbau unterschiedlichster Früchte angeht, es wurden auch die Vertriebswege geschaffen, ihre Produkte bekanntermaßen in die ganze Welt zu bringen. Nachdem ein Frachter (Pacific Basin) im Hafen bis über den Laderaum hinaus, mit Baumstämmen beladen wurde, hatte ein Kühlschiff (Ice Ranger) angelegt, dass laut Zeitung (Gisborner Stadtanzeiger oder war es der Volksbote oder doch der The Gisborne Herald) 1100 Paletten Kiwis ( 4 Millionen Trays = Verpackungseinheiten) aufgenommen hat. Danach soll das Schiff, dass schon der zweite Kühlfrachter in der laufenden Saison ist, noch weitere Kiwis aufnehmen in Tauranga, was nördlich von hier zwischen Gisborne und Auckland liegt, um dann weiter nach Japan zu reisen. In der Zeitung stand auch noch zu lesen, dass gerade die Bevölkerungsgruppe der Maori, in großer Angst vor den Viren lebt. So war es doch von der Historie nicht unüblich, dass ganze Ethnien z. B. wegen einer eingeschleppten Erkältungskrankheit ausgerottet wurden. Eben deshalb, weil es die Krankheit in diesem Volksstamm nicht gab und weshalb auch keinerlei natürlichen Abwehrmechanismen bei den Angehörigen dafür gegeben waren. Die riesigen Berge von Stämmen im Hafen, erklärt nun auch die Vielzahl an Holz-Laster, die teilweise wie an einer Perlenkette gezogen, mich auf der SH 35 überholten und mir leer, mit aufgesatteltem Anhänger entgegen kamen.


Apropos Verkehr, auch das hiesige Städtchen hat wie viele Kommunen in Neuseeland einen Binnenflughafen, der gelegentlich von kleineren Maschinen angesteuert wird. Neben den internationalen Flughäfen, Auckland, Christchurch und Queenstown, gibt es etwa 20 weitere nationale Flughäfen verteilt auf die beiden Inseln.

Dazu auch ein Schienennetz, was die wichtigsten Städte der Inseln verbindet und ähnlich wie bei uns ein Netzwerk an Bussen, mit teilweise sehr attraktiven Konditionen.

Aber zurück zu meiner Hamstertour in der Bucht von Gisborne. Der SH 2 folgend fuhr ich in Richtung Opotiki (aber ein direkterer Weg als der auf dem ich gereist bin). Gesäumt wurde die Straße von, wie schon erwähnt von Plantagen aber dann auch wieder von ausgiebigen Weide- und Ackerlandflächen. Und immer wieder dazwischen gestreut, einzelne Wohnhäuser manchmal in schlichter und manchmal in pompöser Aufmachung.

Vor einem privaten Anwesen wurden Apfelsinnen mit danebenstehenden offenen Geldkästchen angeboten. Also mal schnell ein paar neuseeländische Orangen gekauft. Meine subjektive Schnelltestung, es fehlt an Aroma und die Süße. Im hinteren Teil der Bucht fühlte ich mich, wie in die Ortenau im mittleren Schwarzwald versetzt. Fruchtbares Ackerland mit Reben und Obstbäume stießen an sanft aufsteigende und mit Weidevieh drapierte Hügellandschaften. Hinter Ormond und nach dem ich den Waipaoa River gekreuzt hatte, machte ich mich über eine Nebenstrecke wieder auf den Rückweg. Auffallend hier wie bei vielen Flüssen, die ich bisher gesehen habe, dass großzügige Flussbett bei sehr geringem Abfluss. Lässt darauf schließen, dass es zu anderen Jahreszeiten, hier durchaus zur Sache geht. Weniger die Mädels, spricht die neuseeländischen Milchkühe beäugten mich und mein Gefährt auf dem weiteren Weg, sondern vielmehr Jungvieh und stattliche Bullen. Ähnlich wie in den Staaten gibt es hier auch Rodeos mit Bullenreiten und natürlich habe ich mir für die nächste Veranstaltung, direkt schon mal ein prachtvolles Exemplar mit rotem Bändchen am linken vorderen Fußgelenk markiert. Man will ja schließlich auch nicht auf irgend einem Allerweltsbullen durch die Arena traben.


Die neugierigen hinterm Zaun gehören alle zur Pflege(Mäh :-) )truppe des Friedhof. Die Gräberstellen sind eingezäunt und drum herum wird (ge)mäht. Entlang dem Zaun eines abgeernteten Feldes entdeckte ich wilde rotleuchtende kleine Flaschentomaten, die farblich hervorragend zum Orange meiner Fahrradtasche passten. Wieder auf dem Weg nach Gisborne hielte neben mir ein Auto mit drei jungen Männern, die sich wie auch schon vorher die Rindviecher, an meiner Erscheinung erstaunten. Wenn man bedenkt, dass hier jeder rumläuft wie er lustig ist, gibt mir das Aufsehen, dass ich errege, doch ein wenig zu denken. Die jungen Leute waren Erntehelfer aus Gisborne, wobei der Fahrer nicht einheimisch, sondern in den Niederlanden beheimatet ist und eine deutsche Mutter hat. Wie man sich in wenigen Sekunden über seinen Status bzw. den der Zuhörer ausgetauscht hat. Zumindest hatten die Drei den Kofferraum voll mit ungenormten Äpfeln, mit denen sie mich großzügig versorgten.

Weiter ging die Fahrt, bis mir orangeleuchtende Früchte auf einem verwilderten Grundstück in die Augen stachen. Bei den v. g. Früchten handelte es sich um Kaki, die aber noch knochenhart und unreif waren. Als Zugabe gab es allerdings einen Baum mit schon reifen Esskastanien und im Gestrüpp zwei Apfelbäume. In Gedanken habe ich das Lied, “Schwer mit den Schätzen des Orients beladen...“ geträllert, während Rennstahl auf das heimische Motel zu trottete.



Louisa von den Fidschiinseln Als sehr erfrischend habe ich den Austausch mit Louisa von den Fidschiinseln wahrgenommen. War doch die Kommunikation, mit den reichlich anwesenden Stubenfliegen und den meist distanzierten Locals (Einheimischen) unterwegs, ausgesprochen monoton. Louisa ist eine von drei Reinigungsdamen im Motel, die zum einen nicht kontaktscheu war und sich zum anderen auch viel Zeit gelassen hat. Sie hat einen Mann, Ingenieur und auch von den Fidschis und drei Kinder von 8- 11 Jahren. Vermutlich hat sie es genossen, dass nun ihr Mann wegen dem Virus zuhause, sich um die Kinderchen kümmern musste. Wir haben uns, über unsere jeweilige frühchristliche Erziehung, bzw. negativen Erfahrungen verbrüdert oder verschwestert. Zur Motivationssteigerung hat sie von ihrem Papa schon mal den Hintern vollbekommen, wenn sie nicht zum Gottesdienst wollte. Schon erstaunlich, wie man aus religiösem Eifer heraus, die Menschen manchmal fürs ganze Leben um den christlichen Glauben verprellen kann. Sogar auf den Fidschiinseln! Wie auch schon Masch (zumindest klang so der Name) von den Fidschis, der Leiter der christlichen Begegnungsstätte neben dem Holiday Park in Matamata, hat auch sie von ihrer Heimatinsel geschwärmt. Tolles Land, wunderbare Natur über und unter Wasser, lecker Essen, freundliche Leute und nur halt ein sch…. Gouvernement (Regierung). Da fallen mir spontan noch viel mehr Länder ein, außer den Fidschi, mit ähnlichen Parametern. Zumindest so legte es mir Louisa nahe, sind die Fidschis alle Male eine Reise wert und in drei Flugstunden ist mal auch schon da. Allerdings meinte sie von Neuseeland aus.

Die ersten zwei Wochen sind um


Gott sei‘s gedankt, verging die erste Zeit in Gisborne mit viel Kurzweil. Und weil mein Apartment nur bis zum 08.04. gebucht war, musste ich mich nun erneut zur Rezeption aufmachen, um den Aufenthalt um eine Woche zu verlängern. Heute hat Louisa, der Lichtblick von den Fidschis wieder Dienst und erzählte davon, dass die Ausfallstraßen der Stadt durch die Polizei kontrolliert werden sollen. Es wird laut Wetterbericht Ostersamstag und Sonntag sehr sonnig werden, mit Temperaturen über 20 Grad. Um das befürchtete Ausschwärmen der Menschen zu verhindern, gilt vermutlich diese Maßnahme. Etwas ärgerlich, weil ich mir doch das Arboretum in den Bergen noch anschauen wollte. Ansonsten gibt es noch zwei merkliche Veränderung in der Kommunikation mit Deutschland. Nach der Umstellung auf die Sommerzeit bei Euch, verschob sich der Vorlauf von Neuseeland um eine Stunde weniger und nachdem hier nun wieder die Winterzeit gilt um eine weitere. Somit ist jetzt die Zeit in Neuseeland 10 Stunden vor der mitteleuropäischen. Zur Gewohnheit ist es mir in diesen Tagen geworden, nachmittags oder gegen Abend zur Seaside zu radeln und mich am Wellenspiel des Pazifiks im warmen Licht der untergehende Sonne zu erfreuen.



Gründonnerstag und Karfreitag in Gisborne


Die Großwetterlage versprach für gestern (Gründonnerstag) noch Sonne oder zumindest trockenes Wetter über den Tag. Also auf das Rad geschwungen mit nördlichem Kurs. Über ruhige Nebenstrecken aus der Stadt hinaus, ging es wieder vorbei an Farmhäusern, Obstanlagen und Weideflächen. Neben der Zufahrt zu einem Anwesen, auf einem Anhänger ein Karton mit Mandarinen und Limetten und dazu das Schild, mach dir die Taschen voll. Darunter der Verweis auf Naturalientausch. Da ich leider nichts zu tauschen dabeihatte, habe ich mir von den sehr süßen und aromatischen Früchten einige in meinen Rucksack gepackt. In meinem Herzen habe ich mich bei den Leuten auch “herzlich“ bedankt.


Schon wieder am Rückweg, entlang dem östlichen Rand der Ebene von Gisborne mit viel Weinanbau, war auf einem Schild zu lesen, Gray’s Bush Scenic Reserve. Aufgrund meiner früheren Erfahrungen war klar, do simmer dobei.


Zum Begrüßungskomitee gehörte auch das Huhn. Sehr verstört musste ich feststellen, dass die für solche Highlights obligatorische Toilette fehlte. Oder sie haben die Toiletteanlage wegen Covid 19 eingeebnet!? Das Rad schnell an einem Drahtkorb (mit dem Festmachen an Bäumen, ist es ohne fünf Meter Kette oder Gerüstankerschraube mit entsprechendem Werkzeug, immer was schwierig) festgemacht und ab in den Busch.


Das geschützte Waldgebiet erschien von außen, gegenüber den landwirtschaftlich genutzten Flächen drumherum wie eine Kathedrale oder eine Festung wider dem Eingriff des Menschen in die Natur. Und so fühlte es sich auch an, als ich den sich selbst überlassenen dichten Urwald betrat. Über mir wölbten sich die unterschiedlich ausgeformten Kronen der Bäume, wie die Deckengewölbe in einer mittelalterlichen Kirche. Der Regler für die Umweltgeräusche wurde automatisch nach unten gefahren und gleichzeitig, in angenehmer Weise auch der Puls, die Atmung und jegliche Form von Aktivität. Nicht um Schlafen zu gehen, sondern um sich einfühlen zu können, in die friedvolle Ruhe und Beschaulichkeit, die diesen Ort dominierte. Laub- und Nadelbäume wanden sich mit- oder nebeneinander mit ihren mächtigen Körpern. Einzelne Bäume hatten um sich um ihren Stamm ein gewaltiges Fundament aus Wurzeln geschaffen. Andere Bäume hatten am Stammansatz flossengleich Fortsätze, die sich aus ihrem Wurzelwerk erhoben und zum Licht hin verjüngten. Die offenen Stellen zwischen diesen ehrwürdigen Herrschaften wurde ausgefüllt durch das satte Grün der Nikau-Palmen, bzw. deren Blattwedel. Auch Letztere gehören zur ursprünglich heimischen Vegetation und sind in diesem Wäldchen (vielleicht etwas exotisch anmutend) eine echte Bereicherung. Beim Blick zum Himmel, scheint jedes Individuum für sich nach oben und zum Licht zu streben. Folgte man jedoch mit seinen Augen, einem Stamm von der Krone zum Wurzelwerk, so wird man schnell feststellen, wie verwoben die Wurzelstränge der einzelnen Bäume miteinander sind. Manche Bäume haben, wie kraftvollen Armen gleich, ihre Wurzeln um einen “Nahestehenden“ gelegt.



Vielleicht auch ein Bild für uns Menschen, und wie auch wir jeder für sich stehend und trotzdem durch ein unsichtbares Wurzelwerk verbunden. Verbunden mit seinen Verwandten, Freunden, Kollegen, usw., und mit DEM der alles geschaffen hat.


Kaum das ich das Zugangsportal des Waldes durchschritten hatte, musste ich an die Flugakrobaten, in Neuseeland ähnlich populär wie die Kiwis, nämlich an die Fantails (Fächerschwanz) denken. Noch nicht zu Ende gedacht schoss einer zu meinen Füßen quer über den Weg, um sich kaum einen Meter weiter auf eine Wurzel zu setzen. Da ich nichts Dringliches vorhatte, setzte ich mich ebenfalls und so konnte zwischen uns ein tiefgehender Austausch auf fast Augenhöhe stattfinden. Zwischendurch hüpfte es schon Mal auf Armlänge zu mir heran, aber vermutlich habe ich es dann doch mit meiner Knobifahne verschreckt.


Angerührt durch die vielerlei Begegnungen und mit einem Körbchen angefüllt von der Magie dieses Ortes im Herzen, machte ich mich wieder auf meinen Weg.

Karfreitag (Ostern) im Herbst ist schon ein wenig gewöhnungsbedürftig, wobei die Großwetterlage von Frühjahr und Herbst durchaus harmonieren kann. Heute wie auch schon in der vergangenen Nacht, ist es eine Abfolge von Regenschauern, tagsüber auch mit Sonnenstrahlen, also klassisches Aprilwetter. Um dem heutigen (Karfrei)tag angemessen nachzukommen, habe ich mich bei YouTube um passende Lieder (Musik) bemüht. Unter anderem fand ich sehr berührend, auch oder vor allem wegen den unterlegten Bildern stimmig, “Was für ein Gott“ und als Interpreten die Privileg-Band. Wenn Ihr auf den Link geht, müsstet ihr eigentlich direkt auf das Lied kommen.


https://youtu.be/VxBfkeX5Lho Ansonsten war ich heute ernährungstechnisch sehr stark engagiert, um die angesammelten Naturalien (gestern waren es noch zwei Kürbisse mit dunkelgrüner Schale) zu ehren. Der gestern angesetzte Teig soll heute Abend ganz groß rauskommen, als Flammkuchen mit Kürbis und gekochten Maronen.


Bestandsaufnahme oder Prisoner of Covid 19




Vor Anker Widerwillen!


Am vergangenen Mittwoch habe ich mich nun für die vierte Woche hier im Teal-Motel an der Gladstone Street in Gisborne eingebucht und so kam auch die eine oder andere Rückfrage, wie geht es Dir den. Grundsätzlich denke ich, dass es in Deutschland und der Welt viele Menschen gibt die aufgrund der Pandemie bzw. den daraus resultierenden Repressalien deutlich schlechter gestellt sind.


Vermutlich lässt es sich schon an der Schlagzahl meiner hochgeladenen Beiträge im Blog herleiten, dass der Erlebniswert hier in Gisborne mittlerweile erheblich gesunken ist. Natürlich kreisel ich mit meinem Rad immer noch in und um Gisborne (wollte ich doch mit NZ machen), aber ihr findet es sicherlich nicht sehr spannend, wenn ich Euch jetzt die Namen der Hauptstraßen aufzählen kann.

Beim heutigen T-Shirt-Radelwetter hatte ich mich, weg von der Stadt in ein Seitental (No Exit) aufgemacht. Was ich wohl ahnte aber nicht wusste, über einen Wanderweg oder Mountainbiketrail kam man über den Berg zu einer anderen, wieder ins Tal führende Straße. Die Straße auf der anderen Seite hieß Cave-Road und um nichts zu verpassen, hatte ich einen entgegenkommenden Radler nach der Cave bzw. Höhle gefragt. Da ich nun gerade Mal einen Local (Einheimischen) angetroffen hatte, wollte ich die Gelegenheit auch nutzen, um nach Reparaturmöglichkeiten für den abgebrochenen Fahrradständer zu fragen. Seine Tochter würde in einem der beiden Fahrradläden der Stadt arbeiten und wenn die wieder aufhätten, würde er im Motel anrufen und Bescheid sagen. Er meinte auch, dass sich nächste Woche bezüglich der Öffnungszeiten was bewegen könnte. Wenn das nicht eine wunderbare Fügung war. Oder wie man im Alemannischen so nett sagt, „ Ma muss halt schwätze mit dä Leut, mit dem Vieh schwetz mo doch au.“ Ach und die Straße führt nicht zu einer Höhle, sondern der Erbauer bzw. Veranlasser hieß so.


An der Mauer des Flussmündung werden die Wellen teilweise gebrochen und laufen dann quer zum Strand weiter . Abendlicher Lieblingsplatz!

Doch nun zu mir, dank der guten Informationstechnik, kann ich mich ohne Ende in irgendwelchen Datenlabyrinthen austoben. Dann gibt es einen Fernseher mit meist beispiellos einfältigen Sendungen (soll in Deutschland auch so sein) und Netflix. Damit nicht angesprochen ist natürlich der Nachrichten- und Parlamentskanal Das Angebot erstreckt sich auch über zwei Maorikanäle und drei christliche Kanäle, von denen auch einer in Maori ist. Abgesehen von ein paar Kinderfilmen werden in Netflix ausschließlich Filme mit einem riesigen Gewaltpotential angeboten.

Um es wieder Mal abzukürzen, auch vor dem Hintergrund das es hier auf die dunkle Jahreszeit angeht, bin ich bisher nicht in die Depression gefallen. Aber es kostet mich doch Anstrengung die Tage zu strukturieren. Habe ich mir in der Vergangenheit To-Do-Listen angelegt, wenn ich 20 min., 60 min., vielleicht sogar mal 2 Stunden Zeit habe, was dann zu reparieren, zu erledigen wäre. So stehen nun der verfügbaren Zeit, kaum Aufgaben gegenüber. Ausrüstung durchgeprüft, Fahrrad geputzt, kochen und essen kann ich auch nicht dauernd, weil ich keinen habe, der mir hinterher aufs Rad hilft. Einfach eine neue Situation für mich, eine neue Lernaufgabe.


Bei den Fischern habe ich nachgefragt, nicht wegen einem Job sondern nur mal mit raus fahren. Geht aber nicht wegen Sicherheit, Berufsgenossenschaft, usw..



Neues aus Gisborne

Heute habe ich nun (nicht neu) die nächste Motelwoche gebucht (The same procedures every week). So bin ich nun seit dem 25.03.2020 hier in Gisborne und mit dem Teal Motel quasi Zwangsverheiratet. Teal heißt übrigens aus dem Englischen übersetzt grünblau! Da kann man jetzt wer weiß was in den Namen hineininterpretieren, aber verhauen hat mich bisher noch niemand.

Was nun tatsächlich neu ist, dass ab dem kommenden Montag um 00.00 Uhr die Alarmstufe des Lockdown von vier auf drei zurückgefahren wird. Was damit verbunden ist weiß ich noch nicht einzuschätzen, wenn die Geschäfte wieder aufmachen, könnte ich zumindest schon mal den Fahrradständer wieder anschweißen lassen. An mehr wage ich noch nicht zu denken! Neu ist auch wieder ein Holzfrachter (Rederei Pacific Basin, Name Albany Sound) im Hafen von Gisborne angekommen, der regelrecht mit Bergen von Baumstämmen gefüttert wird. Man hat keine Vorstellung welche Unmengen von Holz in so ein Seeschiff passen. In diesem Zusammenhang, vor der ägyptischen Küste des Roten Meers ist vor vielleicht 30 Jahren ein Holzfrachter gesunken. Die Folge davon war, dass der Schiffsbau in der gesamten Region einen wahren Boom erlebte. So ist halt alles für wat jut! (Lieblingsspruch)


Sicherlich auch wegen der meist noch angenehmen Temperaturen, verlaufen die Tage hier so kurzweilig, dass ich zum Beispiel zum Sortieren der Bilder, gerne noch Stunden angehangen hätte. Unter anderem konnte ich Dank der nachhaltigen Unterstützung von Henrik, die Menüleiste im Blog um das „Über mich“ komplettieren. Dank der Zeit und Muße die ich hier geschenkt bekomme, kann man sich mit diesen Sachen endlos verkünsteln. Außerdem entdecke ich auf meinem Rechner immer wieder neue Dinge, Funktionen. Vielleicht ein wenig berauscht, durch die neuen Erkenntnisse in der Bearbeitung des Blog, versuche ich auch noch die Bilder früherer Artikel gerade zu rücken. Zumal das Bearbeiten des Blogs auch immer in Abhängigkeit von dem Leistungsvermögen, des WLan ist. Neben vielen Freunden und Bekannten aus Deutschland, Kanada, den Emiraten und der Schweiz,(klingt doch irgendwie eindrucksvoll) bin ich mit Mrs. Th. (The not more so young lovely lady) aus Thames auch regelmäßig in Kontakt. Seit sie mich adoptiert hat, teile ich ihr regelmäßig meinen Standort und Gemütszustand mit, so dass sie im Notfall alles Erforderliche für mich in die Wege leiten kann. 😊 Seit dem Lockdown NZ geht sie, vollkommen gesetzeskonform, nur in den Garten oder eine Runde um den Block und die Einkäufe erledigen Nachbarn für sie. Auch ihr fehlen wie uns allen die Kontakte mit unseren Mitmenschen.


Ein Nachteil dieser Region besteht darin, dass die meisten Wege, Nebenstrecken in die Berge in einer Sackgasse (No Exit) enden. Vorteil, bis sie enden ist man doch einige Kilometer meist über Schotterwege unterwegs. Gestern bin ich auf solch einem Weg dem Lauf des Waimata River gefolgt. Der Waimata fließt aus den Bergen bis nach Gisborne wo er sich mit dem Taruheru River zusammentut und dann als Turanganui River in die Poverty -(Armut) Buch fließt. Dem Wasserlauf folgend endet die geteerte Straße schon sehr bald, um in einen Schotterweg überzugehen. Wie ein Wirtschaftsweg windet sich die Straße durch das Tal, entlang des Flusses und eigentlich will man es nicht wirklich glauben, dass hier noch Menschen wohnen. Aber tatsächlich öffnen sich beiderseits des Weges auch immer wieder Weideflächen, die sich an den angrenzenden Berghängen hoch und bis über die Kuppen ziehen. Meist sind die Weideflächen mit weißen Sprenkeln übersäht, die auch man Schafe oder Wollschweinchen nennt. In Abständen und teilweise weit abgesetzt von der Piste, liegen sehr abgelegen auch Farmhäuser oder zumindest machen sie den Anschein von Bauernhöfen.


Es hat auch den Anschein, dass es in NZ viel Platz oder Ausweichmöglichkeiten für “Freigeister“ gibt. Selbst in Zeiten des Lockdown NZ erfährt man wohl bei dieser Weitläufigkeit keine Bewegungseinschränkungen.

Neben dem romantischen Wasserlauf tat sich in dem abgelegenen Tal auch ein weiteres privates “Reserve“ der sogenannte “Longbush“, als ausdrücklich besuchswürdig auf. Auf Schildern wurde darauf verwiesen, dass Besucher willkommen sind. Und wieder einmal wurden meine früheren Erfahrungen mit derartigen Einrichtungen bestätigt. Es lohnt sich alle Male, vom Rad zu steigen und sich der wunderbaren Natur anzuvertrauen, bzw. in ihr aufzugehen. Schade, dass die meisten Vögel abgesehen vom Klang ihrer ungewöhnlichen Stimmen, sich ziemlich rar machen. Ist aber vielleicht auch besser für sie als allzu viel Vertrautheit.


Bis auf die Fantails natürlich, die fast wie aus dem Nichts plötzlich angesaust kommen und mit hochwichtiger Miene, die neuesten Neuigkeiten des Waldes, in einem Tempo wie Maschinengewehrfeuer vor zwitschern. Dabei aufgeregt hin und her hüpfen, mit den Flügeln gestikulieren oder ihren Fächerschwanz fast wie ein Pfau aufstellen. Ich liebe sie! Was mir noch generell auf meinen Touren immer wieder auffällt, dass wenn man den Blickkontakt mit den Leuten sucht, in den meisten Fällen gegrüßt wird.


Der Louisa (von den Fidschis) habe ich schon zweimal von meine gesammelten Schätzen, sprich Maronen, Mandarinen und Äpfel mitgegeben. Von der Größe der Maronen (Chestnuts) war sie etwas enttäuscht, die wären auf den Fidschis 5-6 cm im Durchmesser?!?! Habe auch keine andere Übersetzung bzw. Beschreibung von vergleichbaren Früchten (Nüssen) der Fidschiinseln gefunden. Lassen wir jetzt Mal so stehen, oder hinfliegen (sind auch nur drei Stunden) und sich selbst überzeugen. Mit einer Teilmenge der Maronen bin ich noch mitten in der dreitätigen Teigführung und Morgen wird abgebacken. Die Maronen werden dazu gekocht und wie z. B. Sämereien oder Nüsse, nachdem sie mühselig geschält wurden, dem Brotteig zugeschlagen.

 
 
 

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