Traumwege oder von Greymouth zum Kawhaka Pass bzw. zum "Cowboy Paradiese"
- drehknoepfle
- 24. Dez. 2020
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 27. Dez. 2020
Mein ursprünglicher Plan war es, von Greymouth in Richtung Süden den nächsten Ort mit Namen Hokitika zu erreichen. Bis mir Maria von einem Radweg erzählte, der zunächst in Richtung Süden verlief aber dann ins Landesinnere abschwenkte. Die Entfernung nach Hokitika erhöht sich dadurch von 40 km auf 100 km. Aber schließlich ist man ja nicht auf der Flucht, sondern am Reisen. Maria aus Chile ist wie ich auch mit dem Rad in Richtung Süden unterwegs. Sie hat schon im Süden von Chile in Patagonien gelebt, dass Sehnsuchtsland aller Fernwanderer. Ihre Erfahrungen auf den Straßen in Kiwiland stimmen durchaus mit meinen Erlebnissen übereinander und sie war bisher nur auf der weniger verkehrsreichen Südinsel unterwegs. Bis ich mich von Markus dem Bushmann (Wanderer), Maria aus Chile, Paul aus Korea und von Harald dem Chef vom Hotel verabschiedet hatte, war es schon gegen 11 Uhr. Harald erzählte mir noch von seinen Problemen mit den Bewertungen des Hotels durch Gäste im Internet. Da würden schon Mal junge Leute seinen Laden zerreißen, die noch mitten in der Entwöhnungsfase vom Hotel Mama sind. Trotz sehr unterschiedlicher Lebenswege und Einstellungen passte die Chemie absolut zwischen uns.
Dann aber machte ich mich daran, den Einstieg des Radweges entlang der Küste in der Stadt zu suchen. Zwar waren die Tage im Noah's Ark gut geeignet so schreibtechnisch wieder bei zu kommen aber seitdem habe ich auch wieder “Rücken“. In mich hineingehört vernahm ich eine Stimme die zu mir sagte, Junge beweg dich dann hast du auch keine Probleme mit deinem Knochen.
Vorbei am Grey River verlief der Radweg auf einen Damm zu, der südlich den Fluss eingrenzt und dort fand ich den Einstieg für den Westcoast Wilderness Trail. Auch wenn es zwischendurch Mal etwas aufhellte, begleiteten mich bis zum späten Nachmittag regelmäßig Nieselschauer. Bei Tagestemperaturen um die 18 Grad und ohne Wind kein Problem. So tsunamitechnisch vollkommen unkorrekt, folgte ich der Küstenlinie durch üppiges Buschland, dem sich später kleinere Abschnitte von urigen Wäldchen anschlossen. Nach wenigen Kilometern rückte der Radweg vom Ufer ab und durchschnitt dichtbewachsenes Sumpfland. Eine Atmosphäre in dieser wundersamen Welt, dass man sich keinesfalls über zufällig den Weg kreuzende Trolle, Rumpelwichten, Baumelfen oder sonstige Fabelwesen dieser Art gewundert hätte.
Einfach nur Märchenhaft! Sanft ansteigend ging es weiter durch trockenere Wälder meist mit Manuka und Tanuka bestanden. Mal folgte der Pfad Wirtschaftswegen, dann einer ehemaligen Trambahn oder gepflegten Trails die einzelnen Abschnitte miteinander verbanden. Das einzig Kontinuierliche dabei die steten Wechsel der Landschaft mit immer neuen Aussichten und Einblicken.
Ungewöhnlich wieviel Wasserwege denen man kreuzte oder denen ich folgte. Überall gurgelte und sprudelte das Wasser Mal braun eingefärbt durch die natürlichen Inhaltsstoffe und dann aber auch wieder glasklar. Die Landschaft am Saum des Weges so abwechslungsreich und bezaubernd, dass ich manchmal alle paar Meter bremste, um zu fotografieren oder nur um die Natur zu bestaunen.
Zwischendurch nicht Kunst am Bau, sondern Kunst am Zaun!
Am ausgewiesenen Weg in Kumara gab es einen General Store der sich hervorragend dazu eignete, der Dehydration und dem Energieverlust entgegenzuwirken. Und erst nach einem ausführlichen Gespräch mit dem freundlichen Chef von dem Laden aus England konnte ich Rennstahl zur Weitereise bewegen. Weiter ging es anschließend wieder durch Weiden im Wechsel mit Manukawäldern. Unbehelligt vom Wind und trotz Schotterwegen, die man nicht unbedingt als Wellness-Parcours bezeichnen würde, kam bei mir so richtig Fahrfreude auf.
Weiter ging es durch Landschaften, Wälder die man wenn überhaupt nur fußläufig gewöhnt ist zu erreichen. So fühlte ich mich immer wieder genötigt Rennstahl aufzustoppen, um Bilder zu machen und die Natur genießen zu können.
Ein Fels passend in Packtaschenfarbe mit einer Flechte überzogen. Die letzte Wegstrecke des Tages führte mich mit gehörigem Gefälle, in scharfen Serpentinen zu meinem heutigen Ziel hin dem Cowboy Paradiese. Generell hatte ich so gar keine Vorstellung was mich hier erwartete sollte und auch nichts vor gebucht.
Wie lautet doch gleich noch der Kommentar der Moderatoren im TV wenn sie Wahlwerbung verbreiten, der Inhalt der Wahlwerbung gibt nicht die Meinung der Sendeanstalt wieder. Wenn schon der Saloon, mittig mit blankpolierten Stangen und “gymnastischen Geräten“ auf einer großen Plattform etwas ungewöhnlich wirkte, tats dann der Chef noch mehr. Nachdem ich hier im Nirgendwo die Wirtschaft betrat, war keine Rezeption für die vorhandenen Unterkünfte nebenan auszumachen. Es gab eine Küchentheke, einen Tresen und lediglich an einem langen Tisch waren drei Männer mit Unterhaltung und Bier trinken beschäftigt. In Richtung meines halbtauben linken Hörorgan, wummerte Country-Music aus dicken Boxen. Erst nach einem längeren Austausch, bei dem ich einige Mühe hatte, das südneuseeländische Bergvolk zu verstehen, kristallisierte sich Mike von den Dreien als der Wirt heraus. 100 Dollar Cash sollte die Übernachtung kosten, inclusive der abgestandenen
Reste vom Abendessen Buffett und dem Frühstück. Mit Dusche und Toilette eine deutlich bessere Alternative als ein kaltes nasses Zelt. Nachdem das mit der Übernachtung und meiner Herkunft geklärt war, hob Mike zu Lobeshymnen an, über den Arbeitseifer und die Sprachkenntnisse der deutschen Backpacker/innen, die er in seinem Laden (als was auch immer) schon beschäftigt hatte. Schnell war man sich auch darin einig, dass es ein No-Go wäre, ohne Englisch verstehen oder sprechen zu können durch Neuseeland zu reisen. Hab ich natürlich beigepflichtet! Als nächstes erzählte Mike der Wirt weltmännisch, dass er auch schon in der Stadt mit der zweitürmigen Kirche neben dem Rhein war. Daraufhin wollte ich ins Deutsch wechseln weil er sich doch sicherlich vor dem Besuch in Deutschland und Köln, perfekte Deutschkenntnisse zugelegt hätte. Und gerne würde ich bei ihm, ohne Groß- und Kleinschreibung zu berücksichtigen, etwas seine deutschen Vokabeln auffrischen helfen. Da wir nicht über ein Danksehn (Dankeschön) hinaus kamen, war dann das Thema auch schnell vom Tisch. Internet gab es hier an diesem Außenposten der neuseeländischen Welt keines, bzw. erst nächsten Morgen und auch die Stromversorgung durch einen Generator wurde nach 22.00 Uhr ausgeschaltet. Noch ein Hinweis zu meinen bescheidenen Englischsprachkenntnissen, ich finde es wunderbar mich durch diesen Schlüssel mit Menschen aus aller Welt austauschen zu können. Manchmal nervt etwas die Selbstverständnis, mit dem sie von den Muttersprachlern eingefordert wird. Im Außenbereich des Anwesens befanden sich gammelige Fassaden von Gebäuden und im Bereich dahinter Schießscheiben, so dass die einzelnen Teilbereich vermutlich als Schießstände fungierten. Was neben dem Saloon mit Table Dancing sonst noch geboten war, wollte ich dann doch nicht weiter eruieren aber zumindest alles gemacht für richtige Männer. Also nicht für Müslifrühstücker oder auf 15 kg Drahteselreiter, sondern Gum-Boots-Träger drapiert mit 3,5 Tonnen Stahl und 8 Liter Hubraum im Pickup.
Weil ich doch ein Doppelzimmer gebucht hätte, wollte ich das Rennstahl bei mir mit im Bett schlafen sollte. Dabei hat Mike aber keinen Spaß verstanden, das Rad bleibt vor der Tür.
































































Cool I went there too!🙂 from Cameron