Von der Jugendstilvilla in die Bauwagensiedlung oder von Whangarei nach Oakurai
- drehknoepfle
- 5. Okt. 2020
- 4 Min. Lesezeit
Wieder einmal herzlich habe ich mich von meinem Gastgeber Jan verabschiedet. Mein Tagesziel führte mich weiter nach Norden bzw. nach Nordosten und wieder an die Küste. In hatte Whangarei noch nicht hinter mir, als ich auf einem Radweg parallel zur Bahnlinie, den Steven traf. Er ist von hier und hatte gerade einen Platten und als er erfuhr das ich aus Deutschland bin, hatten wir allemal für die nächste Dreiviertelstunde gesichert Gesprächsstoff. Seine Frau ist aus Solingen-Ohligs und er schon kreuz und quer durch Deutschland und Europa geradelt. In NZ würde er eigentlich kein Rad fahren, weil die Autofahrer so bescheuert wären. Dann hatte er auch direkt ein paar Radschläge auf Lager, wie man sich die Autofahrer auf Abstand hält. Eine Variante sich beim “Chinesen“ eine preiswerte blonde Perücke holen und sie sich hinten in den Nacken hängen. Radfahrende Frauen (Blondinen) würden mehr Rücksichtnahme oder Aufmerksamkeit erfahren! Vielleicht sollte ich einen Verein gründen für die Gleichstellung von weiblichen und männlichen Radfahrer im neuseeländischen Straßenverkehr. Eine andere Möglichkeit einen gefederten langen Haken seitlich mit einem Fähnchen abstehen lassen. Das Teil muss in jedem Fall so geformt sein, dass die Fahrer eine Höllenangst bekommen, sich ihr Heiligsblechle (Auto auf Schwäbisch) zu zerkratzen. Ist für mein Gefühl schon eher abartig, dass man mit allem rechnen darf, nur nicht mit dem gesunden Menschenverstand von einzelnen Kraftfahrern.
Letztes Bild, viel Platz für Individualität im Wohnen. Zunächst war ich wieder auf der stark befahrenen SH1 unterwegs, wo ich’s tunlich vermied meinen Blick von der Fahrbahn zu nehmen. Später, als mein Reiseweg auf eine Nebenstrecke abschwenkte, war es schon eher möglich und auch lohnender. Nichtsdestotrotz galt es jetzt wieder sich auf der Randstreifenfreien Fahrbahn gegen den Kraftverkehr zu behaupten. Mit dem üblichen Fahrstiel (also wie bei Tsunamiealarm) fuhr ein Exemplar von Kiwifahrer hupender Weise hinter mir her, weil er zum Überholen in die Gegenfahrbahn gemusst hätte. Auch heute wieder feststellbar, je mehr Raum ich mir genommen habe, desto mehr Seitenabstand wurde mir zugestanden. Zur Mittagszeit kam ich an Hikurangi vorbei und weil es dort eine öffentliche Toilette und ein Café gab, zwei gute Gründe anzuhalten und Pause zu machen.
Die Sägen oben werden vermutlich dafür eingesetzt, größeren Blechkuchen in formgerechte Stücke zu zerteilen. Wind gab es auch wieder, zwar nicht so heftig wie sonst aber in gewohnter Manier von vorne.
Ungewöhnliche Felsformationen hinter Hikurangi. Die Vorgabe von Googlina für heute 51 km Wegstrecke und 720 Höhenmeter, wobei Letztere sich vor allem im hinteren Drittel der Strecke versteckt hatten. Das bedeutete wieder kilometerlange Anstiege durch landschaftlich sehr ansprechende Regionen. Der Zugangsweg zur Küste führte von der Durchgangsstraße steil nach unten und so hatte ich diesmal schon fast Mühe an dem Takeaway mit Eisdiele in Oakura, Rennstahl zum Halten zu bringen.
Gestärkt durch zwei Kugeln Eis erreichte ich kurz danach mein Quartier für die nächsten beiden Nächte. Meine Gastgeber vermieten Ausfahrten zum Angeln oder Tauchen, weiterhin Surfbretter, Kajaks, sonstiges Wassersportgerät und halt auch ausrangierte uralte Wohnwagen. Meine Vermutung, die beiden sind die Vorsitzenden von dem Verein, “Rettet die alten Wohnwagen in Kiwiland e. V..“ Und so haben sie schon viele vor der Todesspritze (oder wie auch immer man die Gefährte entsorgt) bewahrt. Hernach auf ihrem Grundstück verstreut und damit die antiken Objekte nicht so sinnfrei und einsam herumstehen, können Leute sie mieten.
Zu letzten Bild, das Spiel heißt nicht Autos versenken, sondern Schiffe zu Wasser lassen. Also ich sach Mal! So für Honeymoon würde ich die Unterkunft wohl nicht unbedingt weiterempfehlen. Es soll ja Sonnenbrillen geben die den Tag zur Nacht machen, damit bekommt man auch reinigungstechnisch in den "Räumlichkeiten" keine Augenschmerzen. Dafür hatte ich die ausdrückliche Genehmigung, mich an den Citrusfrüchten die vor dem Wohnwagenfenster hingen, zu laben. Werde wie Hahnemann (Entdecker der Homöopathie) in einer selbstlosen Versuchsreihe an mir beobachten, zu welchen Symptomen ein Zuviel an Citrusfrüchten bzw. Vitamin C führt. Ngawai meine Maorigastgeberin war von Herzen freundlich und strahlte die absolute Zuversicht aus, alle auftretenden Probleme sofort beseitigen zu können. Vermutlich so eine weitere Erfahrung wie Sechsbettzimmer im Backpacker-Hotel, die man in jedem Fall erlebt haben muss (Must Do). In jedem Fall funktionierendes WiFi und dann auch noch kostenlos. Zuviel negatives! Generell ist es hier eine Möglichkeit für Leute mit wenig Geld, in einer herrlichen Umgebung Urlaub zu machen. Habe eben meiner Gastgeberin Ngawai (Wai bedeutet in Maori immer Wasser) erzählt, dass ich heute Abend im Takeway dinieren wollte. Daraufhin bot sie mir an, den Fisch von ihr mitzunehmen und in dem Restaurant zubereiten zu lassen. Und wenn man dem Anwesen den Rücken zukehrte, tat sich einem unmittelbar ein wunderschöner Sandstrand auf. Eingegrenzt seitlich durch Felsformationen und mit dem Rücken lehnte er sich an eine mit üppigem wildem Grün bewachsenen Bergflanke.
Erstes Bild Austernbänke am Trockenen. Letztes Bild mein Vermieter mit Boot und Traktor. Den radelfreien Tag habe ich damit zugebracht die vorgelagerte Halbinsel zu umrunden und etwas Robinson Crusoe zu spielen. Da gerade Vollmond war, ist die Ebbe auch noch niedriger als sonst und es ist spannend die Gezeitentümpel zu durchstöbern. Eine weitere Beschäftigung die Möwen zu beobachten, wenn sie wie Kamikazeflieger im Sturzflug ins Wasser klatschen. Oder anschließend zuzuhören wie sie sich lauthals darüber austauschten, wer wohl den größten Fisch gefangen hat. (würde sagen klassisches Anglerlatein) Ein wunderbarer Ort um die Seele baumeln zu lassen.












































Kommentare