Von Opotiki über Te Kaha zur Hicks Bay
- drehknoepfle
- 27. März 2020
- 5 Min. Lesezeit
Da von der Nacht am Holiday Park in Opotiki das Zelt noch feucht war, nutzte ich die milde Sonne, um das Zelt noch trocknen zu lassen und mein Rennstahl zu reinigen. Es war in den vergangenen Wochen doch zu dirty geworden, dass ich Sorge hatte vielleicht im nächsten Hotel damit abgewiesen zu werden. Frau Google bescheinigte mir nach Te Kaha 66 km bei knapp 4 Stunden Fahrzeit und 350 zu überwindende Höhenmeter. Habe als digitaler Steinzeitmensch quasi das Feuer entdeckt, nein Quatsch wenn man bei Google Earth auf Details geht, dann sagt sie einem auch die Höhenmeter an und zeigt auch ein Höhenprofil der Strecke. Und so waren die steilen Anstiege entlang der Ostküste gar keine Überraschung mehr, gefolgt von langgezogenen menschenleeren Stränden. Jeder so anheimelt, dass man fast unweigerlich beim Anblick in den Pausenmodus gekippt ist. Zu meiner linken Schulter draußen in der Bay of Plenty köchelte munter der Vulkan vom Withe Island vor sich hin. Immer erkennbar an der Wolkenfahne, die wie aus den Kühltürmen des Braunkohlekraftwerks von Niederaußem quollen, um sich dann über dem pazifischen Ocean aufzulösen. Gesäumt wurden die Straßen auch immer von gewaltigen Riesen, die ihre massigen Äste wie bizarr verformte Gliedmaßen in den Himmel reckten. Scheinbar ist dies ein Land in dem Platz genug ist, den Mächtigen in der Welt der Pflanzen Raum und Zeit einzuräumen, sich in aller Pracht zu entwickeln und auch aus der eigenen Erschöpfung heraus sterben zu dürfen. Schön, an ihrem Leben ihrem Wachstum teilhaben zu dürfen.
Nicht zu übersehen waren auch die Hinweisschilder der Maoris, in denen sie zum Ausdruck brachten die Firstnation zu sein und welchem Stamm oder Clan das Land gehört, welches man gerade querte. Darüber hinaus waren im Verlauf der Straße auch immer wieder die Grundstücke mit den Clan- oder Familienhäuser der Maoris. Im Regelfall auf einen abgeschlossenen Grundstück, mit dem Verweis die Achtung dieses Ortes zu würdigen und immer in einem sehr gepflegten baulichen und allgemeinen Eindruck. Traditionell meist mit den geschnitzten Eingangsportalen.
Auch noch am Weg in schönster Lage am Strand, ein Maorigotteshaus in Holz gebaut, was konfessionell der Anglikanischen Kirche zuzurechnen ist (also irgendwie englisch und katholisch). Das nicht nur nach allen Richtungen freie Gebäude, war auch frei zugänglich im Innern. Die traditionellen Schnitzereien ließen das Bauwerk leicht als Maorikirche auszumachen.
Die Sonne war heute meist von dichten Wolken verhüllt und so waren auch die Temperaturen schon spätsommerlich kühl, was ich gerade bei den Steigungsstrecken sehr gerne angenommen habe.
Apropos Steigung und Anstrengung, mittlerweile haben sich die Muskelmaschinchen in meinen Oberschenkeln so entwickelt, dass es nach wie vor anstrengend bleibt meinen Lastesel vorwärts zu treiben, aber es tut halt nicht mehr so weh. In Te Kaha angekommen bin ich am gleichnamigen Beachhotel (war auch das Einzige) vorbeigeradelt und wollte, gemäß meiner bescheidenen Art, mich auf dem Holiday Park einen Kilometer weiter einbuchen. Zwei Maoridamen erklärt mich jedoch, dass der jetzt closed ist aber ein Stück weiter ein Freecampingplace ist mit Publiktoilets. Der Sehnsucht nachfolgend, mich vom klebrigen Schweiß auf meinem Körper zu trennen und einem tiefen Bedürfnis nach einem funktionierenden WiFi bin ich dann zurück zum Hotel geradelt. Das erste Mal wurde ich in dieser Zeit vor dem Einchecken von der freundlichen Rezeptionistin gefragt, seit wann ich in Neuseeland bin, sonst dürften sie mich nicht beherbergen. Dann nannte sie mir ganz langsam auch den Übernachtungspreis, 175 NZD, für den selben Preis habe ich in Rotorua sieben Tage im Backpacker gewohnt. OK, man gönnt sich ja sonst nichts und mein Fahrrad musste auch nicht in Ermangelung eines Luggageroom aufs Zimmer, sondern durfte standesgemäß in der hauseigenen Garage parken.
Als ich ins Zimmer kam, habe ich jedoch sämtliche Vorbehalte zum Preis sofort fallen gelassen. Das Hotelzimmer verfügte über Doppelbett und einer komplett eingerichteten Küche mit Geschirrspüler, Backofen, Ceranfeld, Mikrowelle, Wasserkocher, Toaster und sämtliche Kleinteile (zwei wohlgemerkt scharfe Küchenmesser), die das Küchenleben angenehm machen. Um zumindest ein wenig diesem Luxus zu frönen, habe ich auf den Gang zum Restaurant verzichtet und mir statt dessen die noch mitgeführte Nudel gekocht. Zusammen mit einem Rest türkischen Kichererbsenbrotaufstrich und was Käse drüber ein leckeres Essen.
Der Toilettenbereich überrascht nicht nur mit einer gepflegten Dusche, sondern auch mit Waschmaschine und separaten Trockner, sowie natürlich dazugehörend Bügeleisen und als Arbeitsbasis für dieses Gerät auch ein Bügelbrett. Jetzt weiß ich mal nicht, was Ihr schon so alles in einem wohlgemerkt “Hotelzimmer“ vorgefunden habt, ich habe das noch nicht erlebt. Foyer des Hotels gab es auch einen Laden, in dem man sich mit allem Lebensnotwendigen eindecken konnte. Da ich noch etwas Laundrypowder (Waschpulver) mit mir führte, habe ich natürlich sämtliches Müffelzeug in die Waschmaschine und hernach in den Trockner befördert. Natürlich wurden einer alten Gewohnheit folgend, sämtliche Radler- und Wanderhosen mit einer Bügelfalte versehen. Man(n) gönnt sich doch sonst nichts. 😊 Die Verzweiflung holte mich jedoch wieder ein, als ich meinen Rechner nicht in das wunderbare WLAN einloggen konnte. Die um Hilfe gerufene Rezeptionistin erklärte mir, dass der Code nur für ein Gerät gültig wäre. Vermutlich wegen meines schmerzverzerrten und gleichzeitig flehentlichen Blickes, ließ sie jedoch Gnade vor Recht ergehen und loggte sich mit ihrem Kennwort auf meinem Laptop ein. Auch wenn die junge Dame eindeutig wie eine Maorifrau aussah, muss sie vielleicht doch auch kölsche Vorfahren haben. Mo muss och jünne künne!
Mittleres Bild: ......uns fehlt nur vom Balkon, de Aussicht op de Dom. Kaum das Rennstahl am nächsten Tag so richtig Fahrt aufgenommen hatte, zerrte die Lenkradstange nach rechts von der Straße weg. Das Nut-Cafe pries sich mit unterschiedlichsten, mir zu großer Freude gereichenden Genüssen an. (Nut wie Nüsse nicht Nuts wie hmhmhm) War schon der Zufahrtsweg mit Macadaminussschalen eingestreut, so erhielt man auch die Selben im Cafe als Eissorte und dessen nicht genug, auch noch mit Manukahonig. Betrieben wurde das Cafe von einem älteren sympathischen Ehepaar und nach dem obligatorischen Austausch, dem leckeren Eis und einem Kännchen Earlgrey zog ich aufs Neue gestärkt meiner Wege.
Die State Highway 35 mäanderte nun charmant dem Küstensaum folgend, bis Cape Runaway vor mir her. Und Frau Google hatte es mir mit 557 Höhenmeter schon angedroht, nutzte die Straße wirklich jede Gelegenheit aus, statt den topographischen Linien zu folgen, sie zu schneiden. Eine Kontinuität beim Radeln ließ sich dadurch nur schwerlich erzielen. Nach dem Cape wurde es etwas beständiger, indem die Wechsel zwischen Steigungen und Gefällstrecken nicht mehr so abrupt stattfanden. Waren doch die meisten Gefällstrecken zwar kurzweilig aber nicht im Ansatz geeignet, die Schweißperlen zu trocknen, mit denen ich Sekunden zuvor den Steigungsstrecken zugeprostet hatte. Zwischendurch gab es auch Streckenabschnitte, meist entlang eines Strandes, der als halbwegs eben zu bezeichnen war. Und war man dann gerade so richtig im Einklang mit der Natur, sich selbst und Rennstahl, dann lauerte meist unweigerlich schon eine heftigste Steigungsstrecke auf einem. Ein Aufschrei erging jedes Mal durch die Oberschenkelmuskulatur, wenn die Augen den Steilanstieg, auf dem Obergefreitendienstweg , an die Beine meldeten. Auf der letzten Strecke zur Hicks Bay wird ein Bergmassiv zur Küstenlinie hin, durch die Straße, abgeschnitten. Schon 25 Kilometer vorher pries ein Hinweisschild, das Motel an der Hicks Bay an. Ziemlich ausgepumpt und nur mit dem Einwurf von zwei Plättchen Traubenzucker (von Inge und Günter) am Leben gehalten, gelangte ich an die wirklich wunderschön gelegene Bucht. Als ein weiteres Hinweisschild darauf verwies, dass das Motel sich 1,7 Kilometer weiter auf den Klippen befindet.
Also ich sach Mal, bin tatsächlich radelnder Weise oben angekommen. Nachdem ich mein schickes Vierbettzimmer (für alleine) bezogen und geduscht hatte, war ich schon fast wieder der Alte. WiFi mal wieder mehr als grotenschlecht aber die Aussicht auf die Hicks Bay wunderbar. Der Name Hicks Bay rührt übrigens von der Umrundung der Inseln bzw. Expedition von James Cook her. Und nein, in der Bucht hat der Herr Cook keinen Schluckaufanfall. Der zweite Kommandant nach Cook hieß Zacharias Hicks, nachdem die Bucht benannt wurde. In der Maorisprache (von der Firstnation) heißt die Bucht Wharekahiha.
Am Wegesrand die Postkästchen lassen teilweise auf eine Höchstmaß an Kreativität ihrer Eigentümer schließen.
























































Kommentare